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Bonn kürzt Hilfe

Gelder für El Salvador werden lediglich reduziert - bis Januar  ■  Aus Bonn Ferdos Forudastan

El Salvador vorgestern auch in Bonn: Die Bundesregierung gab bekannt, sie stelle ihre Entwicklungshilfe ein. Die Sozialdemokraten stimmten erstmals für eine Streichung aller Mittel aus politischen Gründen. „El Salvador wird in diesem Jahr keine deutsche Entwicklungshilfe mehr bekommen, da alle Entwicklungshelfer zurückgezogen werden mußten.“ Dies beschied am späten Mittwoch abend im Bundestagsplenum Jürgen Warnke, Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, am Ende der Debatte über den Haushalt seiner Behörde.

Abgesehen davon, daß „dieses Jahr“ sich nur auf die nächsten vier Wochen bezieht, bedeutet der Entschluß lediglich, daß die Hilfe reduziert, aber nicht eingestellt wird. Die zurückgeholten EntwicklungshelferInnen fallen nämlich unter die sogenannte technische Hilfe. Die Kapitalhilfe für El Salvador, sprich Geld für entwicklungspolitische Projekte, bleibt unberührt. Und diese Kapitalhilfe bildet den größten Teil der bundesdeutschen Hilfe an El Salvador. Ob für 1990 die ursprünglich vorgesehenen knapp 50 Millionen Mark an das Arena-Regime geleistet werden, macht das BMZ „von der weiteren innenpolitischen Entwicklung in El Salvador, die wir sehr aufmerksam beobachten,“ so der Sprecher, abhängig. Welche Kriterien hierbei gelten sollen, mochte er nicht sagen. Allerdings fügte er hinzu: „Wenn es so weitergeht wie in den letzten 24 Stunden, sieht es für die Entwicklungshilfe sehr böse aus.“

Eine politische Entscheidung bedeutet der Abzug der EntwicklungshelferInnen trotz dieser verhältnismäßig weitgehenden Stellungnahme des Ministeriumssprechers, und seiner Deutung, der Stopp sei „auch ein politische Signal“ dennoch nicht. Das BMZ mußte die Deutschen zurückrufen, wollte sie nicht ihre Ermordung durch Militär oder Todesschwadronen riskieren. Daß dies Anlaß der Entscheidung war, legt zum einen die Erklärung von Minister Warnke nahe, Hilfe würde nicht mehr geleistet, da man die Helfer habe zurückziehen müssen, sprich aus Sicherheitsgründen. „Sobald sich die Lage beruhigt hat, sind die Leute wieder dort“, mutmaßt denn auch Ludget Volmer, Mittelamerika-Experte der Grünen Fraktion.

Außerdem haben sich die Koalitionsfraktionen ausdrücklich gegen eine Streichung der Mittel an das Christiani-Regime aus politischen Erwägungen gewandt: Einen Änderungsantrag der Grünen, in dem diese eine solche Streichung fordern, lehnten sie gestern geschlossen ab. Die Sozialdemokraten stimmten hingegen zu - und dies bedeutet, daß sie ihre Haltung zum umstrittenen Thema Entwicklungshilfestopp für El Salvador grundsätzlich geändert haben. Bis gestern waren es nämlich ausschließlich die Grünen gewesen, die eine Streichung der Mittel systematisch verletzt würden und ein Vernichtungskrieg gegen die Bevölkerung geführt wird, und weil die Regierung den Friedensprozeß systematisch sabotiere.

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