: Verkehrssenator Wagner: Mit 50 kmh für Tempo 30!
■ Wagner will in einigen Straßen das Tempo von 30 auf 50 Kilometer pro Stunde wieder erhöhen / Sinnigerweise ist das Bestandteil des Konzeptes für Tempo 30 / Die betroffenen Anwohner hatten sich die Geschwindigkeitsreduzierung gerade erst erkämpft
Zwei Schritte vor und einen zurück: Wenn im nächsten Frühjahr das Tempo in großen Teilen des Berliner Straßennetzes auf 30 Stundenkilometer beschränkt werden soll, will Verkehrssenator Wagner (SPD) in einer Reihe von Straßen das Tempo auch heraufsetzen: von 30 auf 50. „Hier und da“ sei das geplant, bestätigte Arild Peltz, zuständiger Referatsleiter in der Verkehrsverwaltung, gegenüber der taz.
Der Zehlendorfer Tiefbauamtsleiter Vollpracht glaubte an ein Versehen, als er die Planung der Verkehrsverwaltung mit dem Ist-Zustand verglich: Für die Chausseestraße in Wannsee und den Straßenzug Sachtleben-, Ludwigsfelder-, Klauertstraße will Wagner 50 Sachen erlauben, obwohl sich die Anwohner eben erst die Reduzierung auf 30 erkämpft hatten. Auch Charlottenburgs Baustadtrat Dyckhoff SPD) entdeckte in Wagners Listen „eine Reihe von Straßen“, die für Tempo 50 ausgewiesen wurden, obgleich sich die Anwohner dort bereits erfolgreich für Tempo 30 eingesetzt hatten.
„Wir wollen nicht, daß das System zusammenbricht“, begründet Peltz diese unorthodoxe Methode der Verkehrsberuhigung. Die umstrittenen Straßen gehören zu einem ganzen Netz von Tempo-50-Strecken, mit dem die Verkehrsverwaltung bei den Autofahrern für eine „bestimmte Akzeptanz“ der Tempo-30-Pläne werben will. In West-Berlin blieben nach Wagners Plänen ohnehin „wesentlich weniger“ Tempo-50-Strecken übrig als in anderen Bundesländern. Nur 840 von insgesamt 2.900 Straßenkilometern sollten von dem fast flächendeckenden Tempolimit ausgenommen werden, erinnert Peltz.
„Die gehen immer davon aus, daß ein langsamer, ruhiger Verkehr zum Zusammenbruch führt“, schimpft dagegen Baustadtrat Dyckhoff. Und selbst die CDU-geführte Bauabteilung in Zehlendorf möchte „bitte schön“ dort an Tempo 30 „festhalten“, wo es bereits gilt. Ohnehin wächst die Kritik an Wagners Tempo-30-Konzept. Enttäuscht über die Listen, die der Verkehrssenator vor einigen Wochen an Bezirke, BVG und Polizei schickte, sind neben Charlottenburg vor allem die ebenfalls von Alternativer Liste und SPD dominierten Bezirke Kreuzberg und Schöneberg. Sie hatten bereits eigene Tempo-30-Pläne entwickelt und an Wagner übermittelt, die über dessen Absichten deutlich hinausgingen. Kreuzbergs Tiefbauamtsleiter Misch hatte in seinem Plan Tempo 50 auf ein Viertel des Kreuzberger Straßennetzes beschränkt, bei Wagner blieb es etwa ein Drittel. „Erhebliche“ Unterschiede zwischen dem Senatskonzept und seinen Plänen mußte auch der Schöneberger Baustadtrat Saager (SPD) feststellen.
„Im Einzelfall“ will Wagner-Planer Peltz nun durchaus mit sich reden lassen. Anfang nächsten Jahres sollen die strittigen Punkte diskutiert werden. Noch die geringsten Änderungen werden da vermutlich die offenen Grenzen erzwingen. Im südlichen Abschnitt des Ostpreußendamms, in der Marienfelder Allee und in der Schlesischen Straße will Peltz nun, anders als geplant, Tempo 50 beibehalten.
hmt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen