: Ermordeten Todesschwadronen Webster?
Der Der ermordete Weiße David Webster war ANC-Mitglied / Südafrika dementiert Kontakte mit der rechten Renamo ■ Aus Johannesburg Hans Brandt
David Webster, der im Mai in Johannesburg ermordete weiße Anti-Apartheid-Aktivist, wurde wahrscheinlich von Mitgliedern des militärischen Nachrichtendienstes Südafrikas ermordet. Seine ehemalige Frau Glenda gab diese Woche zu, daß Webster Mitglied des verbotenen Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) war und Recherchen über die Verbindung zwischen dem südafrikanischen Militär und den rechten Renamo-Rebellen in Mosambik angestellt hatte. Gleichzeitig wurde bekannt, daß der 31jährige ehemalige Polizist Ferdinand Barnard, der im Zusammenhang mit Websters Ermordung festgehalten wird, angeblich Mitglied des militärischen Nachrichtendienstes war. Der Verdächtige soll auch am Mord Anton Lubowskis, des prominenten weißen Swapo -Mitglieds, im September in Windhuk beteiligt gewesen sein.
Webster, ein Dozent an der Johannesburger Witwatersrand -Universität, hatte jahrelang in der Nähe der mosambikanischen Grenze anthropologische Forschungen betrieben. Er soll seine Informationen über die Beziehungen zwischen dem Militär und der Renamo an einen Kollegen weitergegeben haben. Die südafrikanische Regierung hat wiederholt offiziell dementiert, daß sie weiterhin Kontakte mit Renamo unterhält. Barnard sitzt schon seit Ende Oktober hinter Gittern. Seine Verhaftung wurde erst letzte Woche bekannt, nachdem sein Vater, ein Polizeioberst im Ruhestand, erfolglos versucht hatte, vor Gericht Barnards Freilassung zu erwirken. Ein zweiter Verdächtigter, der ehemalige Polizist Calla Botha, ein Freund von Barnard, wurde am Donnerstag festgehalten. In einer Erklärung behauptete Bothas Anwalt, daß „die Vorwürfe, daß es ultrarechte Todesschwadronen gibt, in die Welt gesetzt werden, um bestimmte führende Leute zu schützen“.
Seit Dirk Coetzee, ein ehemaliger Polizist und nach eigenen Angaben Leiter einer Mordeinheit der südafrikanischen Polizei, vor zwei Wochen mit detaillierten Angaben über die Morde von Anti-Apartheid-Aktivisten an die Öffentlichkeit ging, haben sich die Indizien für die Existenz solcher Einheiten aus zahlreichen Quellen verdichtet.
Letzte Woche ging zudem ein ehemaliges Mitglied einer Eliteeinheit der südafrikanischen Armee, Mervyn Malan, an die Öffentlichkeit. Er behauptet, daß seine Sondereinheit verschiedene Anschläge in Nachbarländern Südafrikas verübt und auch im Inland Anti-Apartheid-Aktivisten angegriffen hat. Malan befindet sich in den Niederlanden, wo er politisches Asyl beantragt hat.
Der Bericht einer internen Polizeiuntersuchung der angeblichen Mordeinheiten ist letzte Woche dem Minister für Recht und Ordnung, Adriaan Vlok, übergeben worden. Inzwischen hat Vlok weitere Festnahmen im Zuge der Ermittlungen gegen rechtsextremistische Todesschwadronen angekündigt. Vlok sagte, die Polizei habe in mindestens zwei politischen Mordfällen Durchbrüche erzielt. Da der Minister keine weiteren Angaben machte, ist zur Zeit noch unklar, ob er sich mit seiner Aussage auf den Mord an Webster bezog.
Präsident Frederick de Klerk wird vermutlich diese Woche auf den Untersuchungsbericht reagieren. „Wenn sich diese Behauptungen bestätigen, wird es Konsequenzen geben“, sagte de Klerk letzte Woche in einem Interview. Es wird erwartet, daß de Klerk eine unabhängige Untersuchungskommission unter Vorsitz eines Richters einberufen wird.
Alle Behauptungen betonen die Aktivitäten der Mordeinheiten der Polizei innerhalb der Strukturen des Ministeriums für Recht und Ordnung, sagte gestern Max Coleman, ein Mitglied der südafrikanischen Menschenrechtskommission. Dabei legt Coleman vor allem Gewicht auf die Tatsache, daß die Ausrüstung von Attentätern, ihre genauen Informationen und ihre Bewegungsfreiheit selbst über internationale Grenzen hinweg auf eine Unterstützung des Staates hindeuten. „Die wichtigste Frage ist, wer trägt letztendlich die Verantwortung für diese Mordeinheiten?“ fragte Coleman.
Indessen hat Verteidigungsminister General Magnus Malan am Samstag betont, das Militär wolle seine politische Rolle in Zukunft reduzieren. Dies folgt auf de Klerks Ankündigung, daß das von Polizei und Militär kontrollierte sogenannte „Sicherheits-Managementsystem“ (NSMS), das mehr als 500 geheime Komitees in ganz Südafrika eingerichtet hatte, abgeschafft worden ist. Das System unter Vorsitz des Staatssicherheitsrates hatte nach Ansicht vieler Beobachter die eigentliche Verwaltung des Landes übernommen. Malan zufolge hat sich die Situation in Südafrika derart beruhigt, daß das NSMS nicht mehr notwendig ist. Malan sagte auch, das Militär würde aufhören, Angriffe in Nachbarländern zu lancieren. Diese Rolle des Militärs sei „nicht mehr notwendig“, so der General.
Offenbar gibt es aber trotz aller offiziellen Dementis noch immer Gruppen, die illegale Aktionen durchführen. Am Samstag versuchten Unbekannte, Mohammed Valli Moosa, Generalsekretär der Vereinigten Demokratischen Front (UDF), des größten Anti -Apartheid-Bündnisses, außerhalb von Soweto zu entführen. Sie drängten sein Auto von der Straße, nahmen ihm seine Schlüssel ab und wollten ihn in seinem Wagen abtransportieren. Als andere Autofahrer aus Neugierde anhielten, verloren die Angreifer die Nerven und flohen.
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