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Die BVB-Alternative

■ Illegal, aber beliebt: Jedes Auto mit vier Rädern kann Schwarztaxe werden / In der Nacht sind sie oft die einzigen Autos auf der Straße

Wer kennt es nicht. Die Nacht war lang, und müde will man nach Hause. Aber wo bitte ist der nächste Grenzübergang? Wie man den um diese Zeit erreicht, bleibt für viele ein Problem. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es ab 0.30 Uhr nicht mehr, Taxen werden in Ost-Berlin zwar gesehen, eine zu bekommen, ist aber etwa so leicht wie Straßenbahnfahren in West-Berlin. In „West“ stehen den Einwohnern 5.007 Taxis zur Verfügung, den Ostberlinern gerade mal 661 staatliche und 120 private.

Die Regelung solcher Art von Mißständen übernimmt DDR -typisch der graue Markt. Daß die Planwirtschaft zur ihrer Sicherung geistige Potenzen verschwendet, ist allgemein bekannt. Bei der Ausfüllung der durch sie entstandenen Engpässe ist eben derjenige im Vorteil, der pfiffig und marktgerecht anbietet, was fehlt. Deswegen gibt es in Ost -Berlin, wie ein Angestellter des staatlichen Taxiunternehmens erklärt, „Bürger, die aus der ungenügenden Versorgungssituation ungerechtfertigt Kapital schlagen“ oder, kurz gesagt, Schwarztaxe fahren.

Diese werden zwar „streng nach dem Ordnungswidrigkeitsgesetz bestraft“, aber daß das die wenigsten davon abhält, zeigt die Probe aufs Exempel: Schönhauser/Ecke Dimitroff Straße nach 22 Uhr. Hand raus wie in New York, und wenig später hält das Taxi, das keins ist. Eingestiegen und flugs das Ziel erklärt, das jetzt rein zufällig auch das des Fahrers ist. Alles sieht wie freundliches Mitnehmen aus. Vom Fahrer werden keine Preisangaben gemacht. Der Mitfahrer zahlt nach eigenem Ermessen, wobei als Richtlinie der Taxipreis 80 Pfennig/km gilt.

„Als Schwarztaxe eignet sich alles, was vier Räder und möglichst Platz für drei Mitfahrer hat“, erzählt der Chauffeur eines Kleinstwagens Marke Saporoch, made in hinterster SU. Vier Räder hat der Wagen. Mit ihm fahre ich vom Bahnhof Friedrichstraße zum Haus der jungen Talente für drei Mark. Von dort zurück zur Schönhauser Allee mit einem komfortablen Wartburg. „Die beste Zeit ist in der Woche zwischen 22 und 3 Uhr, am Wochenende länger, aber da ist die Konkurrenz sehr groß“, verrät mir dessen Fahrer. Als er erfährt, daß ich aus West-Berlin bin, bietet er an, mich nach Kreuzberg zu fahren. „Null Problemo“, strahlt er, „aber ab der Grenze in West.“ Das wäre der neueste Service seiner Zunft, meint er. Ich lehne dankend ab und gebe ihm fünf Mark.

Von der Schönhauser Allee, nach fünf Minuten Hand raushalten, dann im Trabant bis Hauptbahnhof. „Manchmal gibt es Ärger“, meint der Pilot zu mir, „vor allem Jugendliche steigen einfach aus, ohne zu bezahlen“, aber normalerweise „alles easy“. Vor dem Bahnhof tausche ich den Platz mit zwei sowjetischen Touristen, die irritiert das Taxischild vermissen, dann aber schnell in die warme Kiste steigen. „Direkt am Bahnhof stehen wir fast nie“, sagt mein letzter Fahrer, „wegen den Staatskutschern. Immer schön die Hand raushalten an der Straße, und ab geht's“, meint er. Als ich ihn frage, ob Schwarztaxefahren schon organisiert betrieben wird, meint er: „Nein, jeder macht seins.“ Obwohl, auszuschließen ist ja nichts mehr in der DDR. „Mir ist es egal, es ist 1.50 Uhr, ich stehe am Grenzübergang Potsdamer Platz - und das ganz ohne Streß.

Torsten Preuß

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