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Britische Polizei muß für Rassismus bezahlen

Schadensersatz in Rekordhöhe von 300.000 DM an Rupert Taylor / Der Schwarze war verhaftet, durchsucht, verhört und mit rassistischen Beleidigungen bedacht worden / „Beweismittel“ Cannabis dem Mann nachträglich untergejubelt / 17 weitere Fälle bekannt  ■  Von Ralf Sotscheck

Dublin (taz) - Ein Londoner Gericht hat am Dienstag die Metropolitan Police zur Zahlung von umgerechnet 300.000 D -Mark an den 30jährigen Rupert Taylor verurteilt. Außerdem muß die Polizei die Gerichtskosten in gleicher Höhe übernehmen. Taylor, ein Schwarzer aus dem Londoner Stadtteil Notting Hill, war im Dezember 1984 verhaftet, durchsucht und vier Stunden verhört worden. Dabei wurde er von den Polizisten mehrfach mit rassistischen Beleidigungen bedacht. Der Polizeibeamte Constable Judd behauptete, in Taylors rechter Hand 2,59 Gramm Cannabis gefunden zu haben. Das Gericht sah es jedoch als erwiesen an, daß die Polizei das „Beweismittel“ untergeschoben hatte.

Taylor sagte gestern, daß die Höhe des Schadensersatzes für ihn als Schock käme. „Ich bin froh, daß die Gerechtigkeit gesiegt hat“, sagte er. „Ich habe noch nie in meinem Leben Drogen genommen.“ Es ist der höchste Schadensersatz, der gegen die britische Polizei bisher ausgesprochen wurde. Taylors Fall ist jedoch keineswegs eine Ausnahme: 17 weitere Fälle sind bekannt, in denen junge Schwarze aus Notting Hill ausgesagt haben, daß die Polizei ihnen in den Jahren 1984 und 1985 Drogen untergeschoben habe, um sie ins Gefängnis zu bringen. Bereits in der letzten Woche ist Vincent Lee Schadensersatz in Höhe von 10.000 D-Mark wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung zugesprochen worden. Das britische Innenministerium hatte im letzten Jahr die Polizei von Hertfordshire mit der Untersuchung der Beschuldigungen gegen ihre Kollegen von der Metropolitan Police beauftragt. Obwohl der Bericht in sechs Fällen die strafrechtliche Verfolgung der betreffenden Polizeibeamten empfahl, entschied sich die Staatsanwaltschaft dagegen. Ob gegen Judd und seine Kollegen ein Disziplinarverfahren eröffnet wird, steht noch nicht fest.

Taylors Rechtsanwälte vermuten, daß die Höhe des Schadensersatzes eine Warnung für die Polizei sein soll. In den vergangenen Monaten sind auch aus anderen Landesteilen zahlreiche Fälle bekanntgeworden, in denen die Polizei Beweismittel gefälscht oder Geständnisse durch Gewaltanwendung erpreßt hatte. Das größte Aufsehen erregte der Fall der „Guildford Four“ - dreier Iren und einer Engländerin, die 15 Jahre unschuldig im Gefängnis saßen. 1988 mußte die britische Polizei insgesamt 1,15 Millionen D -Mark Schadensersatz bezahlen. Dieses Jahr wird es noch teurer.

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