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Opposition spricht bei neuer CSSR-Regierung mit

■ Regierung wird neu gebildet / Ministerliste wird Opposition vorgelegt / Gewerkschaft unterstützt Opposition / Rehabilitierungen zugesagt

Prag (afp/ap) - Die tschechoslowakische Regierung wird voraussichtlich noch vor dem Wochenende umgebildet. Nach einer Unterredung mit Ministerpräsident Adamec deutete der Sprecher des oppositionellen Bürgerforums, Vaclav Havel, am Mittwoch an, Adamec habe sich bereiterklärt, das Kabinett um mehrere Nichtkommunisten zu erweitern. Die Nachrichtenagentur CTK berichtete, daß Bürgerforum habe Adamec eine Liste von Ministerkandidaten vorgelegt. Adamec habe ihm zugesagt, sagte Havel, daß das Bürgerforum Einsicht in die neue Kabinettsliste erhalte, bevor sie bekannt gegeben und Staatspräsident Husak vorgelegt werde.

In Prag rechneten am Mittwoch Beobachter mit dem baldigen Rücktritt Husaks, der den „Normalisierungskurs“ in der CSSR nach der Niederschlagung des Prager Frühlings mit eiserner Hand durchgeführt hatte. Inzwischen unterstützen die offizellen tschechischen und slowakischen Gewerkschaften die Forderung der Opposition und schlossen sich der Androhung eines Generalstreiks an.

Am Dienstag hat die Opposition dem Parlament den Entwurf einer Verfassungsänderung unterbreitet. Sie verlangt, daß der Staat nicht mehr „Tschechoslowakische Sozialistische Republik“ genannt wird, sondern „Tschechoslowakische Republik“. Sie fordert einen demokratischen Rechtsstaat, der die Menschenrechte und internationale Konventionen achtet.

Eine Parlamentskommission, die sich mit dem Polizeieinsatz gegen Studenten bei einer Demonstration in Prag am 17.November befaßt, benannte am Dienstag den gestürzten KP -Generalsekretär Jakes und den ebenfalls abgelösten Prager Stadtparteichef Stepan als für den brutalen Einsatz „direkt politisch“ Verantwortliche. Die Kommission empfahl, ihnen ihre Parlamentsmandate zu entziehen.

KP-Generalsekretär Urbanek hat am Dienstag abend im Fernsehen die Rehabilitierung für alle 500.000 nach der Invasion des Warschauer Pakts 1968 aus der KP ausgeschlossenen Parteimitglieder angekündigt. Das Parteidokument, mit dem die Liquidierung der Reformen von 1968 begründet worden sei, betrachte man als ungültig.

Außenamtsstellvertreter Vacek wurde zum Leiter einer Expertengruppe für Verhandlungen mit der UdSSR über den Abzug sowjetischer Truppen aus der CSSR ernannt. Das Innenministerium schließlich kündigte für kommenden Montag den Beginn des Abbaus der Sperren an der österreichischen Grenze an.

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