Unsensibel-betr.: "Lieber 15-Mark-Taschen als REPs", taz vom 21.11.89

Betr.: dito

Eure Berichterstattung zur REP-Unterschriftenaktion am Leopoldplatz erscheint in einem Punkt unsensibel: Antifa und Polizei dürften wohl kaum aus gleichem Interesse „einen schützenden Halbkreis“ um den Unterschriftenstand der „Republikaner“ gebildet haben. An diesem ersten Unterschriftenaktionismus-Samstag der REPs war der Zulauf der DiskutantInnen und „SchutzkordonteilnehmerInnen“ derart groß, daß die in mehreren Wannen herbeieilenden Kunst-Grünis zunächst damit beschäftigt waren, sich per Handschlag bei den REP-StandaktionistInnen zu begrüßen, um dann wenig später auf die Umstehenden vor Karstadt einzudreschen.

Ein am Ort des Geschehens befindlicher Kommunalpolitiker Weddings, der für diese polizeiliche Maßnahme eine Erklärung verlangte, wurde trotz seines vorgezeigten BVV-Ausweises massiv zur Seite gedrängt und mußte um seine körperliche Unversehrtheit bangen.

Die sympathiesantenhafte Durchsetzung der Polizei mit REP -Anhängern ist seit der letzten Wahl kein Geheimnis mehr. Die antifaschistische Aufklärungsarbeit muß auch in den einzelnen Staatsinstitutionen und -einrichtungen erfolgen. Die destruktiv aggressive Ausbildung der kasernierten (sogenannten) Schutzpolizei gehört ebenso auf den Prüfstand einer basisdemokratischen Gesellschaftsüberzeugung, im Gegensatz zu einer menschenverachtenden und überzogen staatstragenden Ideologiegesinnung. Solange dies nicht geschieht, bedeuten auch diese befehlsempfangenden Greiforgane eine potentielle Gefahr für jede/n BürgerIn.

Die undurchsichtig erscheinende Verquickung unseres modernen sozialen Gesellschaftsgefüges bringt es auch mit sich, daß wir wie Lemminge irgendwelchen politischen Kreuzfahrern nachlaufen und so die Pathologie der gesellschaftlichen Normalität nicht erkennen wollen.

Hans-Jürgen Melerski, Mitglied in der AL-Fraktion in der BVV Wedding