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„Zerreißprobe bravourös bestanden“

■ Haushaltsdebatte von Streit um Wiedervereinigung bestimmt

Scharfe Gegensätze zur Frage einer deutschen Wiedervereinigung bestimmten gestern im Abgeordnetenhaus den ersten Tag der Haushaltsdebatte. Der Regiernde Bürgermeister Momper begrüßte zwar die praktischen Vorschläge im Deutschland-Plan von Kohl. Dieses Zehn-Punkte-Programm sei aber in seiner Zielsetzung „vom Wunschdenken einer baldigen Wiedervereinigung“ geprägt. Die Deutschen würden es sich und den Europäern mit der deutschen Frage leichter machen, wenn endlich das nationale Pathos aus den Diskussionen verschwände, meinte Momper. „Erst kommt Europa und dann Deutschland.“

CDU-Oppositionsführer Diepgen warf dem rot-grünen Senat in der Aussprache um den Etat des Regierenden Bürgermeisters vor, bis zur Stunde sogar gegen die SPD in Bonn an der Zweistaatlichkeit Deutschlands festzuhalten. Momper wolle die Deutschen in der DDR als „Versuchskaninchen für den Sozialismus“ mißbrauchen, den es in Verbindung mit Freiheit noch nie gegeben habe. Es wäre ein historischer Fehler, „auf Spaltung statt auf Einheit zu setzen“, so meinte Diepgen.

Momper sagte dazu, die Ängste in der DDR vor „deutscher Großmannssucht“ oder Anschlußbestrebungen müßten ernst genommen werden. Jetzt sollte ohne Vorbedingungen westliche Hilfe auf den Weg gebracht werden. Diese Zusammenarbeit und Hilfe stärke die Einheit der deutschen Nation in der Praxis.

Nach den Worten Mompers hat die Koalition von SPD und AL bisher alle Härtetests und Zerreißproben „bravourös bestanden“. Bei aller Freude darüber, daß die Stadt nach der Öffnung der Grenzen keine Insel mehr sei, würden die Ziele des rot-grünen Senats zur Lösung der drängenden sozialen und ökologischen Probleme aber nicht vergessen. Die Koalitionsvereinbarungen seien nicht überholt, sie müßten aber hinsichtlich des ökologischen Stadtumbaus den veränderten Gegebenheiten angepaßt und erweitert werden.

Über den Entwurf des Haushaltsplanes, der für das nächste Jahr ein Volumen von rund 25,3 Milliarden Mark vorsieht, soll heute abgestimmt werden. Die CDU-Opposition und die rechtsradikalen „Republikaner“ haben angekündigt, daß sie dem Etat nicht zustimmen werden.

dpa

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