: Ausländerpolitik: Bremen wie Bayern
■ Bundesregierung kippt „relativ liberale“ Bremer Praxis / Grüne Kritik
Für Asylsuchende und andere AusländerInnen wird das Leben in Bremen im nächsten Jahr vermutlich noch schwieriger. So jedenfalls will es Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und der von ihm durchgesetzte Entwurf zur Novellierung des Ausländergesetzes.
Kernstücke des Schäuble-Plans: Erstens die bundesweite Vereinheitlichung des Ausländerrechts von Bremen bis Bayern und dies zweitens auf bayerischem Niveau. Spielräume der Länder bei der Auslegung und Umsetzung will Schäuble drastisch einschränken. Ob z.B. abgelehnte Asylbewerber abgeschoben oder geduldet werden, will der Innenminister künftig selbst entscheiden. „Die Durchsetzung der Ausreisepflicht (von abgelehnten Asylbewerbern) wird den Ausländerbehörden als gesetzliche Pflicht aufgegeben,“ heißt es wörtlich in dem Gesetzentwurf.
Scharfe Kritik an den Schäuble-Plänen äußerste gestern der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Paul Tiefenbach. Für ihn ist der Gesetzentwurf „inhuman“ und vor allem ein Versuch, sich „noch rechtzeitig vor den Bundestagswahlen gegenüber den Republikanern zu profilieren“. Als „Rückfall in Nationalismus“ wertet Tiefenbach auch die im Gesetz festgeschriebene Unterscheidung zwischen „Menschen erster und zweiter Klasse“. Es heißt dort wörtlich: „An erster Stelle ... ist die Verpflichtung zur Aufnahme von Deutschen. Die Erfüllung dieser verfassungrechtlichen und historischen Pflicht ... hat Vorrang vor Überlegungen, ob Ausländern die Einwanderung in das Bundesgebiet ermöglicht werden soll.“
Tatsächlich sieht der Schäuble-Entwurf eine ganze Reihe zusätzlicher Hürden für Ausländer und Flüchtlinge vor:
-So sollen Ausländer, die in der Bundesrepublik leben, ihre Ehepartner erst nach achtjährigem Aufenthalt nachholen dürfen. Mindestens fünf davon müssen sie sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben.
-Kinder sollen nur noch bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres zu ihren Eltern nachziehen dürfen. In Bremen konnten bislang auch 18-jährige ihren Eltern folgen. Außerdem müssen Eltern künftig nachweisen, daß sie ihre nachreisenden Kinder auch aus „eigenem Vermögen“ ernähren können.
-„Geradezu polizeistaatlich“ nennt der Bremer Rechtsanwalt Volkert Ohm die vorgesehene Einschränkung politischer Betätigung für Ausländer in der BRD. Verboten ist Ausländern danach z.B. jede Befürwortung von Gewalt als Mittel politischer Auseinandersetzung. Auch dann, wenn es in ihren Heimatländern um den Sturz von Militärdiktaturen geht.
Große Chancen, den Gesetzentwurf noch zu kippen, sehen Tiefenbach und Ohm nicht mehr. Grüne, Sozialdemokraten, kirchliche Organisationen und Ausländer-Initiativen haben bislang nahezu erfolglos Kritik angemeldet. Ohms letzte Hoffnung: „Vielleicht entdecken jetzt endlich ja auch mal die Gewerkschaften ihre Verantwortung für die sozialen und politischen Rechte von Ausländern.“
K.S.U-Satz:!!!!
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