KiTa-ErzieherInnen streiken mit 46.000 Kindern

■ Die in der ÖTV und GEW organisierten KiTa-ErzieherInnen stimmten in einer Urabstimmung für Kampfmaßnahmen / Gestreikt wird nach Fahrplan, ab Donnerstag sind alle KiTas dicht / Die ErzieherInnen fordern einen Zusatzvertrag, der ihre Arbeit verbessert

Jetzt ist es soweit. Die in der ÖTV und GEW organisierten Erzieher haben sich gestern mit überwältigender Mehrheit für einen Vollstreik in den Kindertagesstätten ausgesprochen. Sie fordern einen Zusatzvertrag, der die qualitative Arbeit verbessern soll. Der Personalschlüssel ist seit 1972 der gleiche geblieben, obwohl die Arbeitszeit inzwischen von 45 auf 39 Stunden verkürzt wurde. Ergebnis ist, daß immer wieder Kindergruppen zusammengelegt werden, die Gruppengrößen sich dadurch verdoppeln. Besonders krass wirkt sich das in den Horten aus, bis zu 40 Kinder nerven an manchen Tagen eine einzige überforderte Erzieherin. „Ein pädagogischer Skandal“, so die Erzieherin Angelika Lietzmann aus der KiTa Fehlastraße, „die Kinder können nur noch verwahrt und nicht betreut werden“. Viele Kinder sind verhaltensauffällig geworden, berichtet sie, flüchten sich in Aggressivität oder Apathie. Nachdem alle Tarifverhandlungen mit dem Senat im Oktober abgebrochen wurden, die Warnstreiks der vergangenen zwei Wochen den Senat unbeeindruckt ließen und auch der Koalitionsausschuß, gegen den Willen der AL, hart gegen die Gewerkschaften blieb, reicht es nun den rund 4.000 organisierten Erziehern. Das Ergebnis der Urabstimmung ist mehr als eindeutig für Kampfmaßnahmen. Rund 96 Prozent der ÖTV-Kollegen und 93 Prozent der GEW-Erzieher stimmten für einen befristeten Erzwingungsstreik in der Woche vom 11. bis 15.Dezember. Ausgedacht hat sich die gemeinsame Tarifkommission ein bezirklich differenziertes Staffelmodell. Der Arbeitskampf beginnt am Montag in den 33 Kreuzberger KiTas und soll dort bis Freitag durchgehalten werden. Neukölln und Spandau schließen sich am Dienstag an, am Mittwoch Wilmersdorf, Schöneberg, Charlottenburg, Wedding, Zehlendorf und Tempelhof. Ab Donnerstag streiken dann sämtliche 399 KiTas der Stadt, und für rund 46.000 Kinder muß eine andere Bleibe gesucht werden. Die Streikmaßnahmen sind mit den Eltern diskutiert worden, die Elternvertretungen wollen Selbsthilfemaßnahmen ergreifen. Einen gewerkschaftlich organisierten Notdienst für Härtefälle hat der Senat brüsk abgelehnt. Sollten alle Stricke reißen, hört man aus den Bezirksämtern, will man selber eine Notversorgung auf die Beine stellen. Wie es weiter geht, ist im Moment nicht zu erfahren, der Senat schaltet auf stur und argumentiert formal. West-Berlin wäre nicht berechtigt, mit den Gewerkschaften Tarifverträge auf Länderebene auszuhandeln. Zuständig ist die Tarifgemeinschaft deutscher Länder, und die will keinen Berliner Sondervertrag. „Notfalls“, so erklärt selbstbewußt Angelika Lietzmann deshalb, „werden wir im Januar in ganz Berlin und unbefristet weiter streiken“.

ak