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„Konfliktfelder deutsch-deutsch zugeschissen“

Zweitägiges Treffen der radikalen Linken innerhalb der Grünen mager besucht / Zahnschmerzen wegen Deutschtümelei und marktwirtschaftlicher Hochstimmung hierzulande / Bei der Linksopposition herrscht Uneinigkeit über den Verbleib in der grünen Partei  ■  Aus Bonn Gerd Nowakowski

Bleiben oder endlich weggehen von den Grünen - das war die beherrschende Frage bei der zweitägigen „Beratungskonferenz“ der Radikalökologen, Feministinnen und Ökosozialisten am Wochenende in Bonn. Entschieden wurde die Frage nicht. Vielmehr zeigten sich in der Diskussion deutliche Unterschiede.

Knapp 150 Menschen waren zu dem bereits vor einem Jahr geplanten Treffen gekommen, nur halb so viele, wie von den Veranstaltern erwartet. Das Treffen war seit dem Sturz des mehrheitlich radikallinken Bundesvorstands unter Jutta Ditfurth schon mehrmals verschoben worden.

Mit einer klaren Bewertung eröffnete der Hamburger Ökosozialist Rainer Trampert das Treffen: „Es gibt für uns nicht die geringste Chance, die Grünen für unsere Politik zurückzuholen.“ Die Hoffnung derer, so Trampert, die geglaubt hätten, wenn die Linken erst mal weg seien, ginge die Rechnung mit rot-grün auf, habe aber ebenfalls getrogen. Als „desolat“ bezeichnete er die Situation der Grünen und verwies auf Verluste von rot-grünen Bündnissen in Nordrhein -Westfalen. Er stellte in Frage, daß sich die Grünen überhaupt halten werden. Die radikale Linke sei derzeit in einer „doppelten Mühle“: Zur Ausgrenzung bei den Grünen komme noch „Wertewandel“ in der Gesellschaft hinzu. Derzeit würden alle gesellschaftlichen Konfliktfelder „zugeschissen von deutsch-deutscher Euphorie und dem Jubel auf die Marktwirtschaft“. Trampert ließ keinen Zweifel daran, daß für ihn das Kapitel Grüne abgeschlossen sei; „erträglich“ aber sei es auch zu bleiben und „noch einmal um die Köpfe zu kämpfen“. Vorrangig seien für ihn Erhalt sowie Aufbau gemeinsamer Strukturen.

Der hessische Radikalökologe Jan Kuhnert vertrat eine andere Auffassung: Ein Teil der Resignation der radikalen Linken sei „hausgemacht“. Über die richtige Analyse der Entwicklung des Funktionärsapparats und der Einbindung der Grünen in den parlamentarischen und kapitalistischen Konsens habe man die eigene „politische Niederlage so hochstilisiert, daß sie als völliger Verlust an Arbeitsfähigkeit begriffen wurde“. Man sitze diesem selbstkonstruierten wie unzutreffenden Bild auf, ohne noch eigene Chancen wahrzunehmen. Nach der „internen Eroberung der Partei durch die Realos“ herrsche ein „programmatisches Vakuum“, meint Kuhnert und betont: „Ich will mich vom Pyrrhussieg der Realos nicht narren lassen.“ Kuhnert, der in Vertretung von Jutta Ditfurth referierte, rief zur Wiederaneignung der Partei durch die radikale Linke auf.

In der Diskussion standen sich Befürworter und Gegner eines endgültigen Abschieds von den Grünen etwa gleichstark gegenüber. Außerhalb der Grünen habe man einen klareren Kopf, um Politik zu machen, lautete eine der Positionen. Der Hamburger Thomas Ebermann rechnet sich gegenwärtig nicht viel Chancen für radikallinke Politik aus. Er wollte dies nicht als Resignation verstanden wissen, sondern als nüchterne Analyse. Für ihn sei deshalb völlig gleichgültig, ob man in den Grünen bleibe oder nicht.

Teilnehmer am Rande der Debatte monierten, das Treffen komme zu spät. Viele hätten längst in Richtung Abschied für sich entschieden. Ansätze für eine Zielsetzung über die Grundfrage hinaus kamen in der am Sonntag zäh und stockend geführten Diskussion kaum zustande. Ebermann und der Frankfurter Radikalökologe Manfred Zieran riefen dazu auf, sich am Projekt „Radikale Linke“ zu beteiligen, ein Spektrum von Ex-DKPlern bis zu Autonomen.

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