: Städtepartnerschaft auf rosa Beinen
■ Rostocker Schwulengruppe zu Gast bei Rat&TAT
Den Rostocker Schwulenstrich gibt es schon seit 100 Jahren. Das erzählen Detlef und Holger'ein Redakteur und ein Kommunalpolitiker, die mit ca. 30 anderen Schwulen aus Rostock für einige Tage Gäste des Rat und Tat Zentrums für Homosexuelle in Bremen waren, das zur Zeit sein 7-jähriges Jubiläum feiert.
Es gibt in Rostock zwei Schwulenorganisationen: den „Arbeitskreis Homosexualität in der Evangelischen Studentengemeinde“ seit Mai 1985 und den Arbeitskreis „Rat und Tat“ für Schwule und Lesben, eine staatliche Organisation, seit September dieses Jahres. Insgesamt gibt es etwa 35 - 40 Homosexuellengruppen in der DDR. Wie für viele andere Gruppen war auch für die Schwulen die Kirche die einzige Möglichkeit der Organisation. Das wirkte anscheinend auf sie selbst zurück: Es ist kein Problem für schwule Pfarrer zusammenzuleben. Ansonsten unterscheiden sich die Probleme nicht wesentlich von denen der Brüder im Westen. Das Coming-out in der Familie und am Arbeitsplatz erfordert dieselben inneren und äußeren Kämpfe. Seit 4 Jahren veröffentlichen Tageszeitun
gen schwule Partnerwünsche. Wenn man den Mut hat, als schwules Paar eine Wohnung zu beantragen, hat man denselben Anspruch auf Wohnraum wie andere Paare. Schwulenkneipen gibt es nicht, aber es werden regelmäßig Tanzveranstaltungen in Gaststätten organisiert. Nach anfänglichen Berührungsängsten, berichten die Gäste aus Rostock, fühlen sie sich willkommen. Die Schwulen sind bei Demonstrationen der oppositionellen Gruppen dabei. Obwohl sie sich durch den politischen Umbruch mehr Gehör für ihre Belange erhoffen, stehen auch für sie allgemeine Forderungen im Vordergrund.
Am 9.11. war in Ost-Berlin die Premiere des Films „Coming -Out“ des Ost-Berliner Regisseurs Heiner Carow. Es gab minutenlange Standing-ovations. Der Film wird im Februar auf der Berlinale gezeigt. Wenn der schwule Arbeitskreis in Rostock am 12.5.90 sein 5-jähriges Bestehen feiert, soll ein Gastspiel der Bremer Stadtschmusetanten in der Partnerstadt stattfinden. Beide Gruppen hoffen auf senatorische Unterstützung dieses Vorhabens. Entsprechende Gespräche haben bereits begonnen.
Beate Ramm
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen