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STRAFVERLEGUNG

■ Verlegungskarussell gegen unangepaßte Gefangene

Das baden-württembergische Justizministerium plant eine Verlegung des in Stuttgart-Stammheim einsitzenden Gefangenen Thomas Brunner in einen Berliner Knast. Eine diesbezügliche Anfrage des Justizministeriums liegt derzeit der Berliner Behörde zur Entscheidung vor.

Schon seit geraumer Zeit drängt der Leiter der JVA Bruchsal, Preusker, auf die Einrichtung eines „Verlegungskarussels“. Laut Preusker gibt es in der BRD etwa 800 Gefangene, die eine „hohe logistische Basis“ im Knast haben und die Gefangenschaft nicht akzeptieren. (...) Um den Willen und die Entschlossenheit dieser Gefangenen zu brechen, sind, so Preusker, Sicherheitsknäste und Trakte nicht ausreichend. Vielmehr seien „Maßnahmen erforderlich, mit denen es gelingt, die logistische Basis der Gefangenen zu zerstören beziehungsweise ihr Entstehen zu verhindern. Eine solche Maßnahme wäre die häufige Verlegung der gefährlichen Gefangenen in eine ihnen möglichst unbekannte Anstalt.“

Bislang mußten solche Verlegungen, die darauf abzielen, Beziehungen und Kontakte der Gefangenen zu zerstören, konkret begründet werden, beispielsweise über eine gelungene Flucht. Preusker bemängelt dies und will die langen bürokratischen Wege, die eine Verlegung erschweren, vom Tisch haben. Sein Ziel ist, daß die knapp 30 Sicherheitsknäste, die seiner Meinung nach für diese Gefangenen in Frage kommen, untereinander einen Konsens finden, unter dem die Verschleppungen rasch und unbürokratisch durchzuführen sind.

Am 8.September beantragte das baden-württembergische Justizministerium beim Land Berlin die Übernahme des Gefangenen Thomas Brunner. Thomas ist seit 1981 gefangen. Die meiste Zeit saß er im Bruchsaler Knast. Von dort ist er 1985 und 1987 ausgebrochen. Im Dezember 1988 wurde er in einer Blitzaktion nach Stuttgart-Stammheim verlegt, wo er nun seit April 1989 im Erdgeschoß in Isolation sitzt. Begründet wird dies mit der „äußerst hohen Gefährlichkeit des Gefangenen“. Außerdem sei „aufgrund der vielen Briefkontakte des Gefangenen Brunner zu verschiedensten anderen Gefangenen festzustellen, daß er in bedenklicher Weise um Festigung seiner Widerstandshaltung bemüht ist“.

Der letzte Punkt scheint sie dabei am meisten zu treffen. Trotz monatelanger Isolation und Haftverschärfung in allen Bereichen (kein Radio, kein Umschluß, wochenlanges Zurückhalten von Briefen zur Zensur, ...) hat Thomas seinen Kampfgeist, seine Lebendigkeit und seine Beharrlichkeit nicht verloren. Er hat zahlreiche Kontakte, schreibt sich mit vielen Leuten und geht an die „Öffentlichkeit“. (...) Das wollen sie mit seiner Verlegung zerstören. Diese Verschleppung wäre ein weiterer Schritt bei der Umsetzung des „Verlegungskarussels“, von dem die Vollzugsstrategen träumen. Dieser Schritt zeichnet sich auch dadurch aus, daß in diesem Fall bereits auf die früher geforderte „konkrete Begründung“ verzichtet wurde. (...)

aus 'Wilde Vögel‘, Karlsruhe

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