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Ortega: FMLN wurde nicht verkauft

Die mittelamerikanischen Präsidenten konnten ein Scheitern des Gipfels gerade noch verhindern / Cristiani erreichte die Verurteilung der Guerilla-Offensive / Nach heftigem Krach mit Honduras Präsidenten setzte Ortega die sofortige Demobilisierung der Contra durch  ■  Aus San Jose Ralf Leonhard

Der größte Erfolg des außerordentlichen Gipfeltreffens der fünf mittelamerikanischen Präsidenten: Keiner der beiden Kontrahenten, weder der nicaraguanische Präsident Daniel Ortega noch sein salvadorianischer Amtskollege Cristiani, verließen den Verhandlungstisch, ohne eine gemeinsame Erklärung zu unterzeichnen. Das Papier der fünf Präsidenten enthält wenig Überraschungen: Es verurteilt die Offensive der salvadorianischen Guerilla FMLN und spricht sich für eine unverzügliche Demobilisierung der nicaraguanischen Contras aus. Zugleich wird den Vereinten Nationen eine aktivere Rolle im Friedensprozeß Zentralamerikas eingeräumt.

Gescheitert wären die Verhandlungen beinahe durch einen Wutausbruch des honduranischen Präsidenten Jose Azcona, der kurzerhand den Saal verließ und in sein Hotel zurückkehrte. Der Grund: Nicaragua war nicht bereit, ein Verfahren gegen Honduras vor dem Internationalen Gerichtshof fallenzulassen, solange die Contras nicht entwaffnet und repatriiert würden. Die honduranische Regierung hatte bisherige Aufforderungen, die völkerrechtswidrige Anwesenheit der Contra-Truppen auf ihrem Territorium zu unterbinden, nicht befolgt. Schließlich wurde Azcona zurückgeholt und setzte seine Unterschrift unter das Schlußdokument, das Nicaragua und Honduras verpflichtet, binnen sechs Monaten eine außergerichtliche Lösung des Konflikts zu suchen.

Die scharfe Verurteilung der FMLN-Offensive, die Cristiani unterschrieben haben wollte, konnte Ortega in eine Verurteilung der „bewaffneten Aktionen“ und des „Terrorismus durch irreguläre Kräfte in der Region“ umbiegen. Dennoch wird die salvadorianische Guerilla an der Erklärung schwer zu würgen haben. An die FMLN - nicht aber an die salvadorianische Regierung - ergeht nämlich der Aufruf, die Kampfhandlungen einzustellen und die Friedensverhandlungen wieder aufzunehmen. Nur eine Forderung der FMLN greift die Erklärung der Präsidenten auf: Der UNO-Generalsekretär soll in den Dialogprozeß eingeschaltet werden. Die UNO -Friedenstruppen ONUCA sollen dafür sorgen, daß die Waffenlieferungen an die FMLN und die Contras unterbunden werden. Daniel Ortega wies die Anschuldigung zurück, die salvadorianische Guerilla auf dem Gipfel verkauft zu haben. Das Abkommen sei vielmehr ein Schlag für die Kriegstreiber, meinte Ortega, denn die FMLN sei nicht für den Krieg, sondern für eine friedliche Lösung.

Die Demobilisierung der Contras soll nun nach etlichen Verzögerungen in Gang gesetzt werden. Alle für die Contra bestimmten Gelder sollen über die Verifikationskommission CIAV kanalisiert und ausschließlich für ihre Demobilisierung und Repatriierung eingesetzt werden. Das soll verhindern, daß die USA das Präsidentenabkommen erneut unterlaufen. ONUCA und CIAV sollen die Auflösung betreiben, für die Contras wird die Frist, sich in Wahlregister einzutragen, bis zum 5. Februar verlängert.

Die mehr als zweitägigen Gespräche, die erst in den frühen Morgenstunden des Dienstag endeten, waren die schwierigsten seit Beginn des Friedensprozesses. Ein Scheitern hätte eine weitere Eskalation des Konflikts in El Salvador bedeutet und vielleicht einen offenen Bruch zwischen El Salvador und Nicaragua bewirkt.

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