: „Die Kritik der GEW ist dumm - Lehrer aus der DDR werden nicht bevorzugt“
■ Der nordrhein-westfälische Kultusminister Hans Schwier zu der Einstellungspraxis von ehemaligen DDR-Lehrern / Übersiedler sollen nicht durch den VS überprüft werden
taz: Herr Schwier, Sie wollen in Zukunft die Dienstzeiten der DDR-Lehrer, die sich hier in Nordrhein-Westfalen bewerben, bei der Einstellung durch einen besonderen Bonus berücksichtigen. Damit haben die etwa 20.000 arbeitslosen Lehrer in NRW, die solche Berufserfahrung nicht vorweisen können, künftig kaum noch eine Chance.
Hans Schwier: Das ist ein Irrtum. Übersiedler aus der DDR, die dort Lehrer waren, werden zunächst als Lehrer gar nicht anerkannt - es sei denn, sie waren schon vor 1961 Lehrer. Die kommen aber in der Regel nicht. Die meisten, die kommen, müssen je nach Fach umfangreiche Nachprüfungen machen. Zwei Beispiele dazu: 1. Der Unterstufenlehrer für die Klassen eins bis vier wird überhaupt nicht anerkannt, weil die Ausbildung in der DDR nicht an Hochschulen erfolgt. 2. Die Ausbildung der Diplomlehrer, die als Fachlehrer an der zehn oder zwölfklassigen polytechnischen Oberschule nach vierjähriger Ausbildung unterrichten, wird bei uns als erste Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe nur dann anerkannt, wenn sich die Ausbildung auf zwei Fächer der Sekundarstufe erstreckte. In jedem Fall ist der Vorbereitungsdienst und die zweite Staatsprüfung erforderlich.
Vorausgesetzt, der DDR-Lehrer hat das zweite Staatsexamen hier nachgeholt, dann kommt aber die Bonus-Regelung zum Zuge.
Wir wollen künftig bei den Einstellungen pädagogische Tätigkeiten berücksichtigen. Das ist richtig, aber das gilt für alle. Wir haben zum Beispiel westdeutsche Pädagogen, die in der Türkei oder Zimbabwe unterrichten, und diese Praxis wollen wir bei der Einstellung - nachrangig nach der Examensnote - ebenfalls als Bonus werten.
Die meisten arbeitslosen LehrerInnen schlagen sich mit irgendwelchen Jobs durch, sie erwerben keine pädagogische Praxis.
Wir versuchen auch andere Unterrichtstätigkeiten, wie z.B. die außerschulische Sprachausbildung von Aussiedlerkindern, zu berücksichtigen. Wahr ist, es kann dem einen oder anderen DDR-Pädagogen gelingen, an den arbeitslosen Westpädagogen vorbeizuziehen, aber nur dann, wenn der in der gesuchten Fächerkombination bei gleichen Examensergebnissen keine anrechenbaren Vordienstzeiten vorweisen kann.
Die GEW spricht von Bevorzugung der DDR-Pädagogen.
Die Kritik der GEW ist dumm.
Früher gab es in NRW die Regelanfrage, die dazu führte, daß viele DKP-Mitglieder und Anhänger von K-Gruppen mit Berufsverbot belegt wurden. Inzwischen gilt diese Praxis nicht mehr. Haben Sie jetzt keine Bedenken, möglicherweise ehemals glühende Anhänger der SED in den Schuldienst zu übernehmen?
Die Regelanfrage werden wir nicht deswegen wieder einführen, weil Lehrer aus der DDR zu uns kommen. Die Nichtanerkennung ihrer Prüfung und der Vorbereitungsdienst gilt ja u.a. auch dem Einlernen in unsere Verhältnisse. Wer in den Schuldienst eingestellt wird, muß sich auf unsere Verfassung, auf unser Beamtenrecht verpflichten. Ich vertraue hier den Angaben der Anwärter und forsche nicht weiter nach. Das wäre auch unangemessen, denn man kann ja nicht etwas, das man bei sich selber wieder in Ordnung gebracht hat, nun auf die DDR-Übersiedler anwenden.
Interview: Walter Jakobs
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