100 Kampfhubschrauber als Weihnachtsgeschenk

Bonner Koalition beschließt Stationierung in Erbenheim / Opposition kritisiert antiquiertes Rüstungsdenken  ■  Von K.-P. Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - „In einer Zeit, in der alle Welt berechtigte Hoffnung auf Entspannung und Abrüstung hegt, ist es mehr als borniert, die Bevölkerung des Rhein-Main-Gebiets mit einem Weihnachtsgeschenk in Form eines Schwarms waffenbestückter Hubschrauber zu beglücken.“ Mit diesen Worten kommentierte gestern der hessische Landtagsabgeordnete der Grünen, Rupert von Plottnitz, die Entscheidung des Bundestages vom Donnerstag, die den Weg zur Stationierung von 100 US-Kampfhubschraubern auf dem Militärflughafen Wiesbaden-Erbenheim freigemacht hatte.

CDU und FDP begründeten in Bonn die Notwendigkeit der Stationierung der „Apache„-Helikopter in dieser dichtbesiedelten und mit zivilem Flugverkehr ohnehin überlasteten Region mit dem Hinweis auf „vertragliche Verpflichtungen“ gegenüber den US-Streitkräften. Und Bundesverteidigungsminister Stoltenberg (CDU) wies darauf hin, daß die US-Amerikaner ursprünglich 156 Hubschrauber und 25 Kampfflugzeuge hätten stationieren wollen. Der „Apache„ -Helikopter sei ohnehin nur eine „Verteidigungswaffe für die Panzerbekämpfung“.

Dem hielten die Oppositionsparteien entgegen, daß die Stationierung Teil der Planung für einen „Angriffskrieg“ gegen Menschen sei, die sich gerade vom Stalinismus befreiten, wie die Bundestagsabgeordnete Schilling (die Grünen) anmerkte. „Mit neuem Denken und nicht mit alten Rüstungsplänen“ müsse auf die demokratische Entwicklung im Osten reagiert werden, meinte auch die SPD-Abgeordnete Wieczorek-Zeul, die in ihrem Wahlkreis Wiesbaden seit Jahren gegen die Stationierungspläne ankämpft. Stoltenberg, so die SPD-Abgeordnete, habe sich willfährig den Wünschen der USA gebeugt. Anträge von SPD und Grünen, für Erbenheim die „Nullösung“ durchzusetzen, wurden von den Regierungsparteien abgeschmettert.

Die Stadt Wiesbaden reagierte gestern mit einer einstweiligen Anordnung gegen die Stationierung beim Verwaltungsgericht. Die Grünen im hessischen Landtag haben jetzt Ministerpräsident Wallmann, der sich für die „100er Lösung“ in Erbenheim stark gemacht hatte, aufgefordert, der Bevölkerung in Sachen Stationierung reinen Wein einzuschenken. Fragen nach der Sicherheitsmindesthöhe oder nach der Dauer der Stationierung seien nicht einmal im Ansatz geklärt. Über die „naive Zusage“ des Verteidigungsministeriums, wonach über dichtbesiedeltem Gebiet eine Flughöhe von 300 Metern eingehalten werden müsse, könne man angesichts der Lage Erbenheims im Herzen von Rhein-Main nur „müde lächeln“.