Ein Schlag gegen das Drogenkartell

Gonzalo Rodriguez Gacha, zweiter Mann des Drogenkartells von Medellin und Anführer rechtsradikaler Todesschwadronen, wurde mit seinem Sohn und fünf Leibwächtern erschossen / Furcht vor Rachefeldzug  ■  Aus Bogota Ciro Krauthausen

Mit dem Tod des Kokainbarons Gonzalo Rodriguez Gacha, seines 19jährigen Sohnes und fünf seiner Leibwächter konnte die kolumbianische Regierung am Freitag ihren bislang größten Erfolg im Kampf gegen die Kokainmafia verbuchen. Gacha, einer der Anführer des „Kartells von Medellin“, starb bei einem Gefecht in der Nähe des Karibikhafens Covenas. Wie aus der amtlichen Schilderung des Tathergangs hervorgeht, versuchten Gacha und seine Begleiter nach einem ersten Gefecht mit einer Eliteeinheit der Polizei mit einem Lastwagen zu flüchten. Bei der Verfolgung hätten sie Widerstand geleistet und seien daraufhin erschossen worden. Über den genauen Verlauf des Gefechts jedoch hat die Polizeiführung bislang nur bruchstückhaft informiert.

Seit dem Beginn des Drogenkrieges, den die Regierung nach der Ermordung des Präsidentschaftskandidaten Luis Carlos Galan im August entfesselte, befand sich Gonzalo Rodriguez Gacha im Visier der Fahnder. Keinem anderen Kokainbaron wurde so zugesetzt wie Gacha, der als Anführer rechtsradikaler Todesschwadronen und Drahtzieher vieler Morde galt. Durch die Beschlagnahme von Landhäusern, Lagerhallen, Waffenarsenalen, Geschäftsunternehmen und Banknoten begann sein Imperium zu bröckeln.

Auf einer Pressekonferenz am Freitag klopften sich denn auch die Polizeigeneräle gegenseitig ob des Erfolgs auf die Schulter. Geheimdienstchef General Marquez sprach von einem „Weihnachtsgeschenk für Kolumbien und die Welt“. Nachdenklicher zeigte sich Innenminister Lemos: Über den Tod eines Menschen könne er sich nicht freuen, er empfinde „eine Mischung aus Schmerz und Erleichterung“. Weit gestreut waren die Meinungen auf den Straßen: Viele begrüßten Gachas Tod, andere machten sich eher Gedanken über die Zukunft von Gachas vielen Angestellten.

Die Furcht vor einem blutigen Rachefeldzug der Kokainbarone ist weit verbreitet. Gachas Tod wäre für das Kartell nicht der einzige Grund zum Zuschlagen. Ebenfalls am Freitag versackte im Kongreß - trotz des massiven Drucks der Drogenmafia - das Projekt einer Volksbefragung, bei der sich die Bürger auch über die Auslieferung kolumbianischer Staatsbürger hätten aussprechen sollen. Vergeltung aber ist nur eine Möglichkeit. Die andere sieht den Verzicht der Drogenbosse auf Rache und den der Regierung auf weitere Verfolgung vor - das Geschäft könnte nach Gachas Tod mit einem stillschweigenden Kompromiß weitergeführt werden. Des Friedens willen hofft mehr als ein Kolumbianer auf eine solche Entspannung der Drogenkrise. Siehe auch Seite 6