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Eine Freundinnengesellschaft

■ Sehen und gesehen werden im Gedränge auf der ersten Ost-West-Frauenfete in der alten TU-Mensa / Mit dabei: Die „Lila Offensive“ aus Ost-Berlin und viele andere Gruppen

„Feminismus ist vielleicht das Letzte - das letzte Experiment in der Versuchsreihe Mensch.“ Lang und wohltönend war das Feministische Manifest, das die Westberliner Malerin Gisela Breitling zur Ouvertüre vortrug. Zu lange - und der Wohlklang kam auch nicht recht zur Geltung in der stickigen und unruhigen Enge der alten TU-Mensa. Dorthin hatte am Freitag abend das Frauen-Netzwerk Goldrausch zu einem ladies only - Ost-West-Fest geladen. Und viele - 500 mindestens - kamen. Die politisch-kulturelle Creme der autonomen Frauenszene dieser Halbstadt, das Fußvolk und deutlich in der Minderzahl - Gästinnen aus Ost-berlin und der DDR-Provinz. Zur Einstimmung gab's Politisches: besagtes Manifest aus der Feder von „Mitfrauen“ aus Frauensenatorin Anne Kleins „Rat der Frauen“, das ganz deutlich die Handschrift und Gedanken von Christina Thürmer-Rohr trug. Birgit Cramon-Daiber, Europaabgeordnete der AL, kündete für nächstes Jahr eine große parlamentarische Konferenz an, auf der „ein Europa der Frauen“ entworfen werden soll. Sevim Celebi, ehemalige AL-Abgeordnete und Mitglied im „Immigrantenpolitischen Forum“, freute sich zwar über den Fall der Mauer, warnte aber nachdrücklich vor der wachsenden Ausländerfeindlichkeit, die sich in der neuen Deutsch -Deutschtümelei Bahn bricht. Eine Iranerin schilderte die Verfolgungen, unter denen Frauen in ihrem Land leben, das Flüchtlingselend und die Bedingungen, unter denen hier Asylbewerberinnen leben müssen. Dann begrüßte Anne Klein die Gästinnen. Als Bonbon verbreitete sie die News, daß im Januar in West-berlin ein Ost-West-Begegnungszentrum für Frauen eröffnet werden soll. Barbara Kavemann von Goldrausch machte klar, daß Geld für Frauenprojekte zwar wichtig sei, ihr Verein aber über West-berlin hinaus kaum materielle Hilfe leisten könne (offenbar liegen schon mehrere Anträge von „drüben“ vor). Ihr Trostpflaster: Der Überschuß aus dem Fest fließt in einen Fonds für autonome Frauenprojekte in der DDR.

Dann kamen endlich die Ost-Sisters zu Wort. Die „Lila Offensive“ aus Ost-berlin stellte sich vor, die Erfurter „Bürgerinneninitiative“ (die taz berichtete) und etliche andere Gruppen und Projekte.

Kultur und Schwof bis in die Morgenstunden komplettierten das Programm. Sehen und gesehen werden war wohl das Wichtigste an diesem Abend. Wie anders aber soll das Frauennetz auch verstärkt und erweitert werden?

uhe

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