: Salut Dudelradio, ade Information
■ Neuer saarländischer Privatsender „Radio Salü“ / Ab Silvester auf Sendung
Programmdirektor Adam Hahne steht auf Musik. Über die Musik will er den kleinen saarländischen Funk-Frischling „Radio Salü“ im Saarland groß rausbringen. 80 Prozent Musik, 20 Prozent Text. Pro Stunde gibt's acht bis zwölf Minuten Werbung. Nachrichten ertönen achtmal am Tag, doch bloß zwei Minuten lang. Dazu hie und da „Information mit bunten Meldungen“ und einmal täglich den „Info-Extrakt“, der in maximal 20 Minuten O-Ton, Features, Kommentare bringt, die sonst ganz fehlen. Salut Dudelradio, ade Nachrichtenkanal!
Nicht daß Hahne etwas gegen Information oder Kultur hätte. Nur habe all das eben nichts auf seinem neuen Kommerzkanal zu suchen, der auf der UKW-Frequenz 101,7 von Silvester, 12 Uhr mittags, rund um die Uhr die Ohren aller 17- bis 35jährigen SaarländerInnen betören möchte. „Wir wollen die Information minimieren!“ - so der offen verkündete Leitsatz.
Macht man so dem Saarländischen Rundfunk (SR) Konkurrenz? Ach wohin! Ex-SR-Mann Hahne meint, seine Kollegen vom Öffentlich-rechtlichen berichteten aufgrund der Infrastruktur des SR ohnehin viel umfassender, als „Radio Salü“ es je vermöchte. „Radio Salü“ soll vielmehr dem im Saarland zu empfangenden Radio RTL und dem rheinland -pfälzischen Privatsender RPR HörerInnen abspenstig machen, nicht dem SR. Der nämlich hält schließlich selbst 20 Prozent der Anteile der Trägergesellschaft des Privatsenders, der Euro Radio Saar GmbH.
Im Lande Oskar Lafontaines funktioniert eben vieles anders als im Rest der Republik, wo solche Verquickungen fehlen. Anderswo wäre auch Springer, Bertelsmann oder sonst ein deutscher Medienmammut in der Gesellschaftsliste aufzuspüren. Nicht so im Saarland. Sich ganz der Nähe zum Nachbarn Frankreich bewußt, bevorzugte die Saarbrücker Landesanstalt für Privatfunk den französischen Multimedialen Hachette, dessen Tochterfunk „Europa 1“ ganze 45 Prozent der Anteile erhielt. Vive la France! Schon deshalb wird „Radio Salü“ auch aus dem Elsaß, Lothringen und Luxemburg berichten - falls solche Textbeiträge jemals im Musikwust unterzubringen sind. Überdies preist sich der Sender damit, mehr französische Platten aufzulegen als andere und auch Franzosen moderieren zu lassen.
Zwöf Prozent des Senders gehören dem „Landesradio“, einem „linksliberalen“ Zusammenschluß von Vereinen, Verlagen - und einem Arzt für Neurologie. Mitglied darin auch die „Landesinitiative“, die den Privatfunk ursprünglich vor dem totalen Kommerz bewahren wollte. Tja, Pech gehabt! Die Finanzen sollen schon stimmen. Der saarländische Sparkassen und Giroverband, der zehn Prozent hält, wird sicherlich ein Auge darauf werfen. Der Rest der Anteile liegt bei der Union -Druckerei (sechs Prozent), der Leismann oHG. (fünf Prozent) und der katholischen Paulinus-Druckerei (zwei Prozent). Das konservative Monopolblatt des Saarlands, die Saarbrücker Zeitung (SZ), wurde ausgegrenzt. Spötter sagen, die SZ schreibe einfach zu wenig Nettigkeiten über Landesvater Lafontaine und habe daher keine Chance bekommen. Wahrscheinlicher aber ist, daß die Landesanstalt ein Doppelmonopol der SZ auf dem Anzeigenmarkt vermeiden wollte. Die SZ hatte sich um eine Mehrheitsbeteiligung beworben, scheiterte und focht die Vergabe vor Gericht an - bisher vergeblich. Ihr Stück vom Werbekuchen wird kleiner werden.
Personal gibt's wenig: 13 feste RedakteurInnen, zwölf bis 15 „freie“. Nachts läuft das Programm im Selbstfahrerstudio als „Ein-Frau-Betrieb“. Hahne sagt unverblümt, er verfahre nach dem Prinzip „hire and fire“. Es moderiert nur, wer Power bringt: Länger als zehn Jahre könne sowieso niemand moderieren, habe niemand mehr den richtigen „Output“.
jow
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