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Langer Weg für den Abschied von der MVA

■ Bremer Müllverbrennungs-Anlage soll noch in diesem Jahrhundert stillgelegt werden / Neuer Kessel für Bremer Restmüll

Die Bremer Müllverbrennungs Anlage wird geschlossen, bei der Bremerhavener MBA gibt es 160tausend Tonnen zusätzlicher Verbrennungskapazität und gleichzeitg wird die MBA technisch so ausgebaut, daß mehr Müllverbrennung trotzdem weniger Schadstoffausstoß bedeutet. So stellt sich Umweltsenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte die Bremer Abfallwirtschaft zum Ende dieses Jahrzehntes vor. Grundlage der Vorstellungen: Drei jeweils gut 200 Seiten starke Gutachten, die die „Lücken und weißen Flecken des Abfallwirtschaftsplanes ausfüllen soll“ (Lemke-Schulte).

In dem vor einem Jahr vorgelegten Entwurf hatte die Umweltsenatorin noch fünf Optionen für die Bremer Abfallpolitik beschrieben. Neben der Mitnutzung der MBA Bremerhaven sollten auch die Mitnutzung einer neuen MVA im niedersächsischen Umland, der Neubau einer Müllver

brennungsanlage in Bremen und der Weiterbetrieb der alten MVA geprüft werden. Dazu meinen die Gutachter: „Die Umrüstung der MVA Bremen nach den Anforderungen der neuen Bundesimmsionsschutzverordnung ist bis zum Jahr 1997 zwar technisch möglich, kann jedoch aus Überlegungen der Wirtschaftlichkeit (...) nicht befürwortet werden.“ 210 Millionen Mark würde es kosten, um nur die gesetzlichen Auflagen zu erfüllen.

Auch die Mitnutzung einer neuen niedersächsischen MVA kommt nicht in Frage. Zwar sollen auch im weiteren Bremer Umland neue Müllöfen gebaut werden, allerdings vermag noch niemand genau zu sagen, wo und wann. Bleiben zwei Alternativen: Erstens Neubau in Bremen und zweitens Mitnutzung in Bremerhaven. Um diese Entscheidung vorzubereiten, haben die Gutachter neben der Entsorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit auch

die Energieausnutzung und Umweltgesichtspunkte geprüft. Ihr Urteil: „Die vergleichende Bewertung ergibt aufgrund der vorstehenden Ausführungen deutliche Vorteile für die Erweiterung der MBA in Bremerhaven gegenüber einem Neubau einer MVA in Bremen.“

Eine Erweiterung ist aus zwei Gründen notwendig. Erstens läßt sich das tendenziell noch steigende Müllaufkommen nach Schätzungen der Gutachter trotz aller Recyclingmaßnahmen nur von 250.000 auf 191.000 Tonnen verringern und zweitens schließt die MBA Bremerhaven derzeit neue Verträge mit niedersäsischen Kommunen ab, die weit ins nächste Jahrtausend reichen. Erst im Jahre 2008 wäre eine vollständige Verbrennung des stadtbremischen Mülls in Bremerhaven möglich.

Einem großen Aufstand gegen die Erweiterung glaubt Lemke -Schulte mit einem großen Senato

rinnen-Versprechen begegnen zu können. Im Zuge der Erweiterung soll die MBA Bremerhaven über die bestehenden Auflagen hinaus ausgerüstet werden, so daß unter dem Strich weniger an Schadstoffbelastung trotz mehr Verbrennung anfallen soll. Umwelt-Senatsdirektor Jürgen Lüthge: „Die neue Anlage wird besser als die bisherige.“

60-70 Millionen Mark soll der neue Kessel kosten, der auf jeden Fall noch in diesem Jahrzehnt fertig werden soll. Zusammen mit der technischen Nachrüstung müssen gar 223 Millionen investiert werden. Investitionen, die zu einem erheblichen Anstieg der Müllgebühren führen werden. Jede andere Lösung, so meint die Senatorin, würde jedoch noch teurer werden.

Mit den Landkreisen, die weiterhin in Bremerhaven ihren Müll verbrennen, insbesondere mit Cuxhaven und Osterholz -Scharmbeck will Lemke-Schulte

zu einer Übereinkunft kommen, daß dort der Bremer Bauschutt deponiert wird, wenn in ein paar Jahren die erweiterte Bremer Deponie endgültig voll ist. Der Vertrag mit Verden, so ihr Wunsch, solle nicht über das Jahr 2.000 hinaus verlängert werden.

Und dann hat die Senatorin noch ein kleines Müll-Bonbon für die Vorwahlkampfzeit parat. Im März 1991 soll einer der vier Kessel in der Bremer MVA stillgelegt werden. Die Gutachter haben herausgefunden, daß mit Verbesserungen im Feuerungssystem der Durchsatz bei der Verbrennung so erhöht werden kann, daß ein Kessel überflüssig wird. Damit beginnt für die Senatorin „der Weg zum endgültigen Abschied von der MVA.“ Am Ende dieses Weges steht auch ein neuer Name für die Bremerhavener Verbrennungsanlage. Die soll dann RMBA Bremerhaven heißen: Restmüllverbrennungsanlage.

hbk

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