: Saar-FDP vertuscht Finanzskanda
Parteimitglieder bezichtigen Ex-Kreisschatzmeister der Veruntreuung / Beschuldigter bestreitet ■ Von Joachim Weidemann
Saarbrücken (taz) - Wegen der bevorstehenden Landtagswahl vertuscht die Saar-FDP einen hausgemachten Finanzskandal. Es geht um die mutmaßliche Veruntreuung von Parteigeldern in Höhe von mindestens 28.000 Mark durch den inzwischen abgesetzten FDP-Schatzmeister im Kreis Saarlouis, Manfred Hillen. Der saarländische FDP-Landes- und Fraktionschef Horst Rehberger erstattete wider besseren Wissens keine Strafanzeige. Rehberger befürchtet offenbar ein Wahldebakel seiner Partei bei der Landtagswahl am 28.Januar.
Der FDP-Vorsitzende verteidigt sich, er habe „von dieser Geschichte nur am Rande gehört“. Den Fehlbetrag bestätigt er, warnt aber davor zu „dramatisieren“. Gegenüber FDP -Mitgliedern jedoch reagierte Rehberger auf den Vorfall schärfer: Er wollte ursprünglich sofort den Staatsanwalt einschalten, wurde dann aber von Landtagsabgeordneten „bekniet, dies vor der Landtagswahl nicht zu tun“. Rehberger gab nach und kehrte den Parteidreck unter den blaugelben Teppich.
Das Finanzfiasko begann kurz vor dem FDP-Landesparteitag am 18.November 1989. Mit Erschrecken stellten damals Saarlouiser FDP-Delegierte fest, daß man sie „nicht rechtzeitig“ zum Landesparteitag eingeladen hatte. Der Grund: Ihr Kreisschatzmeister Manfred Hillen - von Beruf Rechtspfleger am Amtsgericht - hatte für 1989 noch keine Mitgliedsgelder an den Landesverband abgeführt, der den Saarlouisern daraufhin die Delegiertenrechte sperren wollte. Es fehlten, so der jetzige Schatzmeister zur taz, etwa 28.000 Mark. Liberale behaupten, Hillen habe die Summe für sich selbst abgezwackt - als „Privatdarlehen“. Hillen bestreitet dies. Er habe sich kein Geld „geborgt“, sondern den Betrag lediglich später als in den Vorjahren überwiesen. Als der Fall innerhalb der Saarlouiser FDP hochkochte, bogen die Liberalen trotz ihres Zorns die Sache nochmal hin - der Partei zuliebe. Die Kreis-FDP erzwang unter „Androhung einer Strafanzeige“, daß Hillen den Fehlbetrag „plus Zinsen“ an die Landeszentrale erstattete - „in letzter Sekunde“. Angeblich soll ihm dabei ein Parteifreund mit einem Privatkredit über 13.000 Mark aus der Patsche geholfen haben. Die Strafanzeige unterblieb. Doch der darauffolgende Kreisparteitag am 1.Dezember 1989 brachte weitere Unregelmäßigkeiten ans Licht: Als unabhängige Kassenprüfer Hillens Buchführung kontrollieren wollten, fehlten wichtige Belege. Sie seien ihm „irgendwie aus dem Auto abhandengekommen“, sagt Hillen. Er hat Anzeige wegen Diebstahls erstattet. Für das Verschwinden der Belege scheint allerdings auch ein anderer Grund plausibel: Der FDP -Bundesrechnungsprüfer sollte ausgerechnet 1989 die Kreiskasse der FDP Saarlouis kontrollieren, was mangels der Belege nun entfallen mußte. Die Kreis-FDP entzog Hillen Vertrauen und Amt. Inzwischen sollen weitere Fehlbeträge aus früheren Jahren in der Kasse der FDP Saarlouis aufgetaucht sein: von mehr als 45.000 Mark ist die Rede. Dem jetzigen Schatzmeister mangelt es an Überblick. Er schweigt. Hillen, der das Amt 23 Jahre ausübte und auf dessen Namen das Parteikonto lief, hält die neuerlichen Vorwürfe für „absoluten Schwachsinn“. Sie seien Teil einer „Verleumdungskampagne“ gegen ihn: „Wenn jetzt nicht Wahlen wären, würde ich Ihnen etwas erzählen...“
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