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Totalverweigerer wird ausgeliefert

■ Berliner Senat leistet westdeutschen Behörden Amtshilfe / Alliierte stimmen trotz entmilitarisiertem Status zu

Berlin (taz) - Der rot-grüne Senat von West-Berlin höhlt den entmilitarisierten Status der Stadt aus: Er wird Berliner Totalverweigerer künftig per Amtshilfe in westdeutsche Gefängnisse ausliefern. Bisher hatte der Senat eine endgültige Entscheidung über diese juristisch umstrittene Auslieferung verhindert. Nun steht jedoch nach einer Anfrage des Senats bei den Alliierten dem Vollzug von westdeutschen Haftbefehlen durch Berliner Behörden nichts entgegen. „Keine Bedenken“ hieß es in einer Zweizeilenmeldung der Schutzmächte, die von Innensenat und Polizei gestern bestätigt wurde.

Hauptbetroffener dieser Entscheidung ist zunächst der untergetauchte Berliner Totalverweigerer Gerhard Scherer, um den es seit mehr als einem Jahr ein juristisches Tauziehen zwischen der Staatsanwaltschaft Rottweil (BRD), dem Senat und den organisierten Totalverweigereren gibt. Nach Scherer, der 1985 seinen Zivildienst abgebrochen hatte und nach Berlin gegangen war, fahndet nun die Polizei. Scherer wurde 1987 wegen Dienstflucht zu 5 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Der neueste aus einer Kette von Haftbefehlen soll nun mit Hilfe des Berliner Senats vollstreckt werden.

Im vergangenen Jahr hatte die Berliner Regierung zunächst die Auffassung vertreten, daß einer Auslieferung rundweg nichts entgegenstehe. Die Rechtseinheit mit dem Bund erfordere dies, der entmilitarisierte Status werde „nicht berührt“. Die Organisation der Totalverweiger und ihre Anwälte sowie der kleine Koalitionpartner AL standen allerdings auf dem Standpunkt, daß eine Kollision von Wehrpflichtgesetz und Status vorliege. Im Fall Scherer dürfe aufgrund einer alliierten Bestimmung aus dem Jahre 1969 keine Amtshilfe geleistet werden. Außerdem bedeute eine Auslieferung „die faktische Zuführung eines Westberliners zur Wehrpflicht“. Die Verweigerer forderten den rot-grünen Senat auf, die Spielräume der alliierten Bestimmungen über Berlin politisch zu nutzen. Nach mehreren Gesprächen näherte sich der Senat der juristischen Interpretation der Totalverweigerer an, schob die politische Lösung aber auf die Alliierten ab. Mitte Oktober wurde dort angefragt, deren Zustimmung wurde jetzt be kannt.

Vertreter der Totalverweigerer und der untergetauchte Scherer äußerten sich gestern gegenüber der taz enttäuscht über die Senatsentscheidung und mangelnde politische Initiative der mitregierenden AL. Sie wiesen darauf hin daß „fünf weitere Totalverweigerer“ von der Entscheidung betroffen seien.

kotte

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