piwik no script img

Aus für Müller-Lüdenscheid

■ Ob Schall oder Rauch: Die SPD will die Doppelnamen abschaffen und jeder ihren Namen lassen

Wenn es nach der SPD geht, dann gehören die Müller -Lüdenscheids der Vergangenheit an. Die SPD-Fraktion brachte einen Gesetzentwurf im Bundestag ein, der den Zwang, einen gemeinsamen Familiennamen zu führen, beenden soll. Herr Müller dürfte sich nach der Heirat weiter Müller nennen und Frau Lüdenscheid könnte ihren bezaubernden Mädchennamen weiterführen. Außerdem soll verheirateten Paaren die Möglichkeit gegeben werden, ihren vor der Ehe geführten Namen wieder anzunehmen.

Dieser Vorschlag löste bei den Bremer SPD-Frauen Begeisterung aus. Jutta Kellmann-Hoppensack, Vorsitzende der SPD-Frauen, würde sich sogar ihres lästigen Doppelnamens entledigen: „Wenn ich es wahrnehmen könnte, würde ich mich wieder Kellmann nennen. Dieser Gesetzesentwurf ist längst überfällig. Die Konservativen haben bisher keine überzeugenden Gründe vorgebracht, warum sie diese Ideen ablehnen. Ich vermute, dahinter steht der alte Patriarchismus.“ Jutta Kellmann - das klingt doch gleich viel besser als das schwerfällige Jutta Kellmann -Hoppensack.

Bis man so einen Namen sei

nem Gegenüber verständlich gemacht hat, vergeht seine Zeit. Davon kann auch taz-Redakteur Holger Bruns-Kösters ein Liedchen singen und tut dies auf Anfrage: „Ich habe ja noch einen relativ einfachen Doppelnamen, aber dennoch wird der Name am Telephon nicht verstanden. Selbst wenn ich langsam spreche, verstehen die Bruno Kösters oder so ähnlich.“

Vor der Heirat werden oft wochenlange Kämpfe um die Namensgebung geführt. Viele werden durch Händedrücken, Wettläufe oder andere sportliche Wettbewerbe entschieden. Bei Eva Quante-Brandt von den Jusos entschied das Glücksspiel: „Wir haben damals mit einer Münze den Namen ausgelost und ich habe verloren.“

Verloren fühlt sich auch der Standesbeamte Dieter Katt, wenn er mit Paaren, die ihren Namen nicht ändern wollen, diskutieren muss: „Auf dem Standesamt kommen öfter Diskussionen auf. Bei diesen Diskussionen treten besonders die emanzipierten Frauen vehement auf. Für uns ist das schwierig, da sich diese Frauen nicht mit dem Verweis auf das bestehende Gesetz zufriedengeben.“

Dieter Katt glaubt nicht, daß sich durch ein neues Gesetz viel ändern würde und zaubert gleich eine Statistik hervor, um seine These empirisch zu belegen: „Für den Namen des Mannes entscheiden sich 98% der Paare. Nur 10% der Frauen, die den Namen des Mannes annehmen, stellen ihren Namen dazu. Von den Männern, die den der Frau annehmen, stellen allerdings 83 % ihren Namen dazu. Wenn man diese Zahlen betrachtet, glaube ich nicht, daß sich viel bei der Namenswahl ändern würde.“

Die Gründe für die Wahl eines Doppelnamens sind oftmals ganz pragmatisch. So z.B. bei Ulrich Reineking-Drügemöller (Bremer Journalist): „Bei uns war damals das Kind vor der Heirat da. Daher hieß es mit Nachnamen Drügemöller. Hätte meine Frau bei der Heirat meinen Namen angenommen, wäre das Kind der einzige Drügemöller in der Familie. Das hätte tausend rechtliche Verwicklungen gebracht.“

Auch für den Namen der Kinder hat die SPD einen Vorschlag: Die Eltern dürfen sich auf einen Nachnamen einigen. Wenn es zu keiner Einigung kommt, erhält das Kind einen Doppelnamen. Haben beide Eltern einen Doppelnamen, wird der Name des Kindes aus den jeweils ersten Namen in alphabetischer Reihenfolge zusammengesetzt. Ganz kompliziert könnte das werden, wenn die Tochter von Ulrich Reineking-Drügemöller den Sohn von Klaus Liebe-Harkort heiraten würde, denn den Namen Liebe-Harkort gibt es schon seit Generationen, erzählt Klaus Liebe-Harkort, Dozent an der Bremer Uni: „Unser Name geht zurück in das 19.Jahrhundert. Die Familie hatte damals einen guten Draht zum Königshaus und bekam eine Sondergenehmigung, einen Doppelnamen zu führen, damit der Name Liebe nicht ausstirbt.“ David Safie

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen