: Heute Noriega, morgen Castro
Freie Fahrt für George Bush im Hinterhof der USA ■ K O M M E N T A R E
Was vor zwei Wochen als stümperhaftes und beinahe mißglücktes Kommandounternehmen im amerikanischen Hinterhof begann, hat sich durch die Gefangennahme und Entführung Noriegas in die USA nun doch zu einer glanzvollen außenpolitischen Operation der Bush-Administration gemausert. Mit dem Drogendealer und Kleindiktator vom zentralamerikanischen Isthmus hat George Bush genau das, was er haben wollte: einen sich lange hinziehenden Schauprozeß gegen den als Drogenmonster aufgebauten General, der vom völligen Versagen der Drogenpolitik innerhalb der Vereinigten Staaten ablenken wird, und freie Fahrt für eine spät-imperialistische Außenpolitik der USA in der Karibik und Zentralamerika. Der Einmarsch der sich als internationale Drogenpolizei aufspielenden US-Streitkräfte in Panama erfolgte just zu einem Zeitpunkt, da in der innenpolitischen Diskussion in den USA die Befürworter einer Legalisierung von Drogen überraschende Überzeugungserfolge erzielen konnten. Das völlige Scheitern des Anfang September von der Bush-Administration großspurig erklärten Drogenkriegs ließ in den USA zum ersten Mal auch solche Problemlösungsstrategien salonfähig werden, die Alternativen zu der von der Bush-Administration verfolgten Kriminalisierung von Drogendealern und Opfern aufzeigten. Mit dem Schauprozeß gegen Noriega kann den US-Bürgern nun wieder suggeriert werden, daß Drogen in den USA ein importiertes Problem darstellen und mit Noriega verschwinden werden.
Auch wenn der Prozeß gegen Noriega für den ehemaligen CIA -Chef George Bush peinliche Enthüllungen bringen sollte, wird sich hier der politische Schaden in Grenzen halten. Der sich immer noch müde hinschleppende Iran-Contra-Prozeß hat längst gezeigt, daß die amerikanische Öffentlichkeit derzeit kaum Interesse an dem korrupten Gebaren ihrer politischen Führung zeigt. Eine unter Ronald Reagan domestizierte Presse sowie eine der Administration ergebene Jurisdiktion werden schon verhindern, daß eventuelle Enthüllungen in einem Noriega-Prozeß für George Bush zu gefährlich werden.
Noch glücklicher kann die Bush-Administration jedoch über den außenpolitischen Effekt der militärischen Intervention sein. Zunächst einmal ist den Ländern Mittelamerikas demonstriert worden, daß sie ohne die Absegnung ihrer Politik durch die USA wirtschaftlich auf keinen grünen Zweig kommen werden. Während die von den USA eingesetzte Regierung Panamas dem Land nun einen wirtschaftlichen Aufschwung bescheren darf, wird den Nicaraguanern anschaulich demonstriert, wie gut man es doch unter einer von den USA akzeptierten UNO-Regierung haben könnte.
Wenn die militärische Intervention in Panama sowohl in den USA als auch in Europa noch unkritischer hingenommen wurde als weiland die Eroberung Grenadas oder die Bombardierung Libyens, dann kann die Botschaft für George Bush nur lauten: George, mach nur weiter so. Zu einem Zeitpunkt, wo die Sowjetunion sich keine neuen außenpolitischen Konflikte leisten kann und sich Europa allzusehr mit sich selbst beschäftigt, ist für die Bush-Administration die Gelegenheit günstig, in Mittelamerika endlich einmal ungestört nach dem Rechten sehen zu können. Die Exil-Panamaer, die den Noriega -Transport auf dem US-Stützpunkt Homestead in Florida am Donnerstag freudig begrüßten, dürften mit ihren Plakaten die zukünftige Mittelamerika-Politik der Bush-Administration schon vorweggenommen haben: „Heute Noriega, morgen Castro“.
Rolf Paasch
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