: Panama-betr.: Offener Brief an die Bundesregierung
Offener Brief an die Bundesregierung
Das „neue Denken“ in der Sowjetunion betont seit geraumer Zeit die Absicht, an der Demilitarisierung von Konflikten in der sogenannten Dritten Welt mitzuarbeiten. Der Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan war ein Schritt in diese Richtung. In den USA dagegen herrscht immer weiter das alte Denken, daß vor allem die Länder Süd- und Mittelamerikas als ihr Hinterhof zu betrachten seien, in dem sie intervenieren können, Präsidenten zur Macht verhelfen oder wegputschen oder Kriege gegen die Zivilbevölkerung finanzieren - wie in El Salvador und in Nicaragua.
Erneut geschah dies jetzt in Panama: 26.000 US-Soldaten fielen ins Land ein, jagten ihren einstigen Zögling Noriega, um ihn wegen Drogenhandels vor ein US-Gericht zu stellen, und schreckten nicht einmal davor zurück, eine Kopfgeldprämie auszusetzen. Bei dieser Aktion verloren Hunderte von Panamaer das Leben, ohne daß dies zu größeren internationalen Protesten führte. Es genügt offenbar, daß sich die USA in Panama zum Hüter der Demokratie aufschwingen, der das Land von einem korrupten Diktator befreit. Damit scheint für viele und offenbar auch für die Bundesregierung dieser „chirurgische Eingriff“ gerechtfertigt, der die Souveränität der Völker Zentralamerikas in unglaublicher Weise verletzt.
Solange Noriega willfährig die Interessen der USA vertrat, sah man in seinem Drogenhandel kein Problem. Er wurde zum „starken Mann“ des Landes gemacht, bis zu dem Zeitpunkt, als er sich nicht für eine direkte Unterstützung des Contra -Krieges in Nicaragua gewinnen ließ und sich auch einer Revision der 1977 neu abgeschlossenen Panama-Kanal-Verträge widersetzte. Dadurch wäre die US-amerikanische Truppenpräsenz in Panama ab dem Jahr 2000 fraglich geworden. Erst dann nahm man die Verstrickung Noriegas in Wahlbetrug, seine Drogen- und Waffengeschäfte zum Anlaß, mit Putschversuchen und jetzt mit direkter Intervention gegen ihn vorzugehen. Dabei setzt sich die USA - wie in Grenada 1983 - über geltendes Völkerrecht hinweg, dessen Normen man sonst nur zu gerne benutzt, um die in Abhängigkeit gehaltenen Länder auf die Spielregeln der angeblich zivilisierten westlichen Welt einzuschwören.
Als humanitäre Hilfsorganisation treten wir dieser Intervention energisch entgegen. medico international unterstützt seit vielen Jahren auch Flüchtlinge und Vertriebene in Mittelamerika - Opfer einer US-Außenpolitik, die Zehntausende von Toten, Leid und Elend in diesen Ländern verursacht hat. Es steht zu befürchten, daß die USA den derzeitigen Entspannungsprozeß auf internationaler Ebene dazu nutzen, weitere militärische Aktionen in den mittelamerikanischen Ländern durchzuführen. Schon jetzt gibt es rund zwei Millionen Flüchtlinge und Vertriebene. Wieviele Opfer dieser Politik soll es noch geben?
Wir fordern die Bundesregierung auf,
-entschieden gegen die US-Intervention in Panama zu protestieren und sich für den sofortigen Rückzug der US -Truppen auszusprechen;
-darauf hinzuwirken, daß die Völker Zentralamerikas frei und ohne äußere Einmischung ihr Recht auf Selbstbestimmung wahrnehmen können.
Marie-Luise Gebauer für medico international
betr.: Berichterstattung zu Panama, taz vom 2./3.1.90
Die großen Defizite auf dem US-amerikanischen Bildungssektor sind gravierend und peinlich. Offensichtlich sind US -amerikanische Offiziere nicht in der Lage, Türschilder zu entziffern (so entstehen Fehler), zudem mangelt es ihren PolitikerInnen und Militärs an elementarem Wissen über diplomatische Immunität und völkerrechtliche Konventionen.
Keineswegs ist das Rechtsbewußtsein und Demokratieverständnis unserer Freunde und Verbündeten verludert - dies zur Erklärung für DDR-BürgerInnen.
Angelika Hamlaoui, Münster
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen