: Lotto-Chefs fielen vom hohen Roß
■ Erst Brandbrief gegen harmlosen buten&binnen-Beitrag geschrieben, dann doch nicht so gemeint
Kennen Sie Toto, Lotto, Rennquintett? Blöde Frage. Kennen Sie auch Carlot? Sollten Sie kennen. Carlot ist nämlich, so schwört die Bremer Toto und Lotto Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ein ungemein gewinnträchtiges Wettspiel. Liegt die Wahrscheinlichkeit beim Lotto sechs Richtige anzukreuzen bei 1:14 Millionen, gewinnt bei Carlot jeder 38.000ste Tippzettel. Aber das interessiert die BremerInnen überhaupt nicht. „Das läuft unheimlich zäh“, sagt der Chef einer Toto-und Lotto-Annahmestelle. „Wenn ich damit Geschäfte machen sollte, dann könnte ich bestenfalls Knäcke- rot essen.“
Vor einer Woche erdreistete sich buten&binnen, von dem „Glücksspiel-Flop“ zu berichten. Ganz sachlich wurde dargestellt, daß Carlot statt der erhofften 25 Prozent lediglich magere fünf Prozent zum Umsatz der Lotto -Gesellschaft beiträgt, und daß die
Lotto-Gesellschaft aber an dem Kartenlotto festhalten will, um die Marktnische gegen mögliche Konkurrenz nach Öffnung des EG-Binnenmarktes zu besetzen. Und dann teilte buten§binnen noch mit, daß ein zusätzlicher Hauptgewinn von 111.000 Mark eingeführt wird, um die Attraktivität zu steigern.
Na und? Na eben. Aber nicht für die Chefs der dem Land Bremen, der Landesbank und dem Sportbund gehörenden Gesellschaft, Harald Schnabel und Horst Stäcker. Die schrieben einen Brandbrief an den Fernsehdirektor, daß die Hansawellen nur so rauschten und flimmerten. Den beiden Herren war nämlich zu Ohren gekommen, daß es um den Bremer Rundfunk nicht so gut steht, finanziell versteht sich. Und wer an sinkenden Werbeeinnahmen erkrankt ist, so meinten sie sinngemäß, der sollte nicht auch noch Großkunden madig machen. Ein solcher ist Toto&Lotto durchaus. 1,3 Millionen Mark geben die Herren aller Glücksritter im Jahr für Funk -und Fernsehwerbung aus. Einen großen Brocken alleine im letzten Jahr, um die ungeliebten Carlotscheine unter die Leute zu bekommen. Vergeben werden die Wer
beaufträge aber nicht von der Bremer Toto§Lotto, sondern von einer gemeinsamen Werbetochter, die alle norddeutschen Lottogesellschaften vermarktet. Und damit der Herr Dr. Hoffmann keine falschen Vorstellungen von den Vorstellungen der Bremer in Sachen Pressefreiheit bekommt, schoben die Herren Schnabel und Stäcker ihre Kollegen aus den anderen Ländern vor. „Was wird sein, wenn die anderen sagen, wir lassen buten&binnen weg, weil die uns immer so anpinkeln“, so ein lokalmedial besorgter Harald Schnabel gestern am Telefon.
Fragen die Kollegen aber nicht: Passenderweise fand gerade Anfang der Woche eine Sitzung der norddeutschen Kollegen statt. Dort wurde am Rande besprochen, daß alles so bleibt wie es immer war. Und darüber wie es ist, dürfen sich die beiden wahrlich nicht beklagen. Hat doch Carlot für die Ziehung der Glückskarten lediglich die Produktion und das Papgeienfutter für das Talis-Tier der Lotterie zu zahlen. Die Sendezeit gibt's kostenlos.
Und so fragte sich gestern auch Radio-Bremen Fernsehchef Rüdiger Hoffmann: „Weiß der Hugo, was die geritten hat.“ Was
auch immer: Inzwischen sind die beiden ziemlich heftig von ihrem hohen Roß geplumpst. „Sie haben mir gesagt. sie wollten nicht drohen“, berichtete Hoffmann von einem „langen Gespräch“, an dessen Ende man in Frieden auseinandergegangen sei.
hbk
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