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Parteibasis rebelliert offen gegen Schönhuber

■ Bei den „Republikanern“ wächst der Unmut über den Chef / Der „Alte aus den Bergen“ wird beim kommenden Bundesparteitag einen schweren Stand haben / Gegenkandidatur scheint nicht ausgeschlossen / Berliner Kreisverband forderte bereits seinen Parteiausschluß

Berlin (taz) - Wenn am Wochenende der Bundesparteitag der „Republikaner“ in Rosenheim (Bayern) abgehalten wird, bläst REP-Chef Schönhuber der Wind kräftig ins Gesicht. Noch nie war der Zustand der Rechtspartei so desolat, und erstmals rebelliert die Parteibasis offen gegen den „Alten aus den Bergen“. Die Landesverbände in West-Berlin, im Saarland, Bremen, Baden-Württemberg und Niedersachsen haben sich zwischenzeitlich gespalten - die übriggebliebenen Funktionäre und Gruppen der REP-Partei bekämpfen sich mit Parteiausschlußverfahren, mit konspirativen Dossiers und vor Gericht. Ein „intellektualisiertes“ Parteiprogramm, das am Wochenende in der Inntalhalle von Rosenheim verabschiedet werden soll, hilft dem ehemaligen Journalisten ebensowenig weiter wie seine Visionen von einer Parteigründung im Osten. Die Partei (25.000 Mitglieder soll sie haben) scheint Schönhuber endgültig aus dem Ruder gelaufen.

Nach den heftigen Auseinandersetzungen im niedersächsischen Landesverband im Sommer '89 forderte beispielsweise der Kreisverband Soltau-Fallingbostel zuzugeben, „daß der Bundesvorsitzende Franz Schönhuber sich auf dem Landesparteitag am 9.9. 1989 in Hannover sowie schon im Vorfeld dessen in öffentlich wirksamer Weise parteischädigend verhalten hat“. Weil Schönhuber im Machtkampf um den hannoverschen Landesverband, statt zu vermitteln und zu schlichten, „eine 12köpfige Dissidentengruppe unterstützt und offensichtlich ermuntert hat, auf dem Landesparteitag die Macht zu ergreifen“, sollte das Bundesschiedsgericht der „Republikaner“ dem eigenen Chef „eine Rüge erteilen“.

Wesentlich weiter ging am 14.Dezember der Berliner Kreisverband Tempelhof. Weil sich die Partei „unter der Führung des Bundesvorsitzenden Franz Schönhubers der Aufgabenstellung des Wählers nicht gewachsen“ zeige, beantragte der geschäftsführende Kreisvorsitzende Joachim Jüttner die Amtsenthebung und den Parteiausschluß des REP -Gründers. Jüttner schrieb ihm ins Stammbuch: „Die Politikunfähigkeit von Franz Schönhuber läßt sich auch dadurch nicht kaschieren, indem man fiktive Kreisverbände im Ostteil Deutschlands gründet.“ Er habe „innerparteilichen Machtkämpfen den Vorzug vor konstruktiver politischer Verantwortung eingeräumt, indem unter seiner Führung demokratisch gewählte und legitimierte Landesvorstände ihrer Ämter enthoben wurden“. Damit gemeint waren die monatelangen inneren Querelen im Berliner Landesverband, die anfangs mit dem Auszug des Ex-Vorsitzenden Bernhard Andres und seiner Gründung der „Deutschen Demokraten“ beendet schienen.

Der Clinch der Berliner mit der Münchner Parteizentrale wurde damit aber nicht beigelegt. Die Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus opponiert mittlerweile offen gegen die Münchner Parteispitze. Im fernen Straßburg soll sich EG -Parlamentarier Schönhuber sogar schon überlegt haben, die Berliner Kameraden mit einer Auflösung und anschließenden Neugründung des Landesverbandes wieder an die Leine zu nehmen. Der REP-Abgeordnete Carsten Pagel, ehemaliger Vorsitzender der Jungen Union im Bezirk Tiergarten und Spiritus rector der Berliner Rechtsradikalen, bläst gemeinsam mit dem Bayerischen Landeschef Harald Neubauer zum Sturm gegen Schönhuber. Frank Martin, bis zum August '89 Fraktionsgeschaftsführer im Kreisverband Tiergarten und nach eigenen Angaben damals „die rechte Hand Pagels“, will auf dem kommenden Bundesparteitag sogar eine Gegenkandidatur Neubauers gegen den amtierenden Chef nicht ausschließen. Neubauer und Pagel hätten ein gemeinsames Ziel: die Führung der REPs an sich zu reißen. Strategien zur Ablösung Schönhubers sollen bereits besprochen sein, dreimal hätten sich dazu Neubauer und Pagel Ende letzten Jahres teilweise konspirativ im Berliner Rathaus Tiergarten getroffen. Der Ex -NPD-Mann Neubauer soll auch schon durch die Landesverbände getingelt sein. Sein Vortrag: Schönhuber muß weg.

wg

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