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Wem geht's da noch gold?

■ Ach, ein Literatenkrieg: Ein Hauen, Stechen, Heucheln / Walter Kempowski des Plagiats bezichtigt! / „Ich bin ganz krank vor Trauer“ / Die Szene in freudiger Erregung

Hamburg (dpa) - Der Schriftsteller Walter Kempowski (Tadellöser und Wolff), dem das Hamburger Magazin 'Stern‘ massive Plagiatsvorwürfe gemacht hat, sieht durch diese Veröffentlichung seinen „Ruf ruiniert“. 'Stern'-Autor Harald Wieser hatte ausführlich dargelegt, daß Kempowski Teile seines Roman-Bestsellers Aus großer Zeit (1978) aus der Autobiographie des Rostocker Goldschmieds Werner Tschirch entnommen hat, der 1980 in einem Kölner Altersheim gestorben ist.

„Ich bin ganz krank vor Trauer“, meinte Kempowski, der erneut einräumte, Passagen aus dem 1968 im J.M. Beck Verlag (Herborn) erschienenen Tschirch-Buch Rostocker Leben als „Quelle“ benutzt zu haben. Er verwies aber zugleich noch einmal darauf, daß er diese auch immer wieder öffentlich bekanntgemachte Arbeitsweise für zulässig halte. Nach Kempowskis Ansicht „dürfen in einem Roman, der ja ein Kunstwerk ist, Fundstücke verwendet werden“. Entscheidend sei die „neue Komposition“.

Nach dem bisherigen Presseecho glaubt der Autor, „daß sich die Waagschale zu meiner Seite neigt“.

'Spiegel'-Kritiker Hellmut Karasek, der Wieser aus dessen Zeit beim 'Spiegel‘ gut kennt, bezeichnete die Kritik an Kempowski als „Schuß in den Ofen“ und perfide, weil sie beim Publikum einen falschen Eindruck erwecke. Im Bremer Regionalfernsehen erklärte er, in der „Collage“ Kempowskis werde zitiert, wie es in der Literatur ganz und gar üblich sei.

Nach Ansicht des Literaturkritikers und Publizisten Joachim Kaiser ('Süddeutsche Zeitung‘) ist es gerade in unserer heutigen Zeit durchaus legitim, zum Zwecke der Dokumentation - und Kempowski sei ja auch in vielen Werken als Dokumentar hervorgetreten - fremde Texte zu benutzen. Allerdings müßten die Quellen deutlich sichtbar gemacht werden. Er könne die Aussage Bertolt Brechts, daß er mit Dingen des geistigen Eigentums lax umgehe, nicht verteidigen.

Der Bertelsmann Verlag nannte es am Freitag „unglaublich, mit welch ungeheurer Häme der 'Stern‘ Kempowski überzogen hat“. Der Verlag Gruner und Jahr (Hamburg), in dem die Illustrierte erscheint, ist eine 75-Prozent-Tochter von Bertelsmann. Eine Verlagssprecherin sagte dazu in München: „Daß wir über die Veröffentlichung nicht glücklich sind, ist klar. Es zeigt sich aber, daß jeder Teil des Medienriesen ganz eigenverantwortlich arbeitet. Das spricht für die Freiheit der Presse.“

Verlag und Autor prüfen juristische Schritte gegen den 'Stern‘. In dem Artikel war Kempowski auch als „Hochstapler“ bezeichnet worden - das wäre „Ehrabschneidung“.

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