: Skinhead-Randale in Ravensburg
■ Nach dem Überfall auf ein Jugendhaus werden 25 Skinheads wegen Landfriedensbruchs angeklagt
Am 9.September, kurz vor Mitternacht, verbreitete sich Aufregung im Ravensburger Jugendhaus: „Die Skins kommen.“ Gerade eben war ein Rockkonzert zu Ende gegangen, und im Jugendhaus befanden sich noch etwa hundert Konzertbesucher. „Plötzlich“, erinnert sich ein Mitarbeiter des Jugendhauses, „wurden Steine und Flaschen auf das Haus geworfen.“ Etwa 30 rechtsradikale Skinheads stürmten auf das Jugendhaus zu und brüllten „Rot-Front verrecke“ und „Sieg Heil“. Zum Teil gingen die Skinheads mit Schlagstöcken auf die Jugendlichen los und schlugen mehrere zusammen. Die Art des Überfalls erinnerte an ein gut organisiertes Rollkommando, nach knapp zehn Minuten war alles vorbei. Noch in der gleichen Nacht nahm die Polizei mehrere Skins im Ravensburger Hinterland fest, wo sie über das Wochenende ein Zeltlager aufgeschlagen hatten. Für dieses überregionale Skinhead-Treffen war schon am 12.August bei einem Bundesligaspiel des VfB Stuttgart massiv geworben worden. Das Skinhead-Treffen hat Tradition und ist als „Koma-Saufen“ bekannt.
Abends soll im Zeltlager über Megaphon die Aufforderung ergangen sein: „Auf nach Ravensburg!“ Ein Sonderkommando der Polizei verhaftete zwei Tage nach dem Überfall weitere Skinheads. Nach Auskunft der Ravensburger Staatsanwaltschaft wird nun ab 22.Januar gegen insgesamt 25 Skinheads verhandelt. Die Anklage lautet auf Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung. Bis auf zwei Erwachsene sind die Angeklagten Jugendliche.
Der Überfall im September war der vorläufige „Höhepunkt“ einer Auseinandersetzung zwischen Skinheads und Punks. In den letzten vier Jahren gab es im Ravensburger Jugendhaus immer wieder Probleme mit Skins und Rechtsradikalen. „Früher wollten wir die integrieren“, so eine Sozialarbeiterin, „aber das ging schief.“ Diskussionen brachten nichts, „das Klima im Haus wurde immer aggressiver“. Nach einem tätlichen Angriff gegen einen Jugendhaus-Mitarbeiter wurde den Skins ein Hausverbot erteilt. Kurz darauf marschierten sie vor dem Jugendhaus auf: „Wir sind noch da“, und: „Aus euch hätte man früher Seife gemacht“.
Die Skinhead-Szene im Raum Oberschwaben ist bekanntermaßen gut organisiert. Vor allem in Saulgau, Friedrichshafen und Ravensburg gibt es feste Gruppen mit zum Teil überregionalen Kontakten zur neonazistischen FAP („Freiheitliche Arbeiterpartei“) und zur rechtsradikalen DVU („Deutsche Volksunion“).
Holger Reile
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