Wirtschafts-Perestroika „auf die Schnelle“

■ UdSSR-Minister Abalkin kritisiert Wirtschaftsreformen

Amsterdam (afp) - Die Perestroika ist nach Einschätzung des stellvertretenden sowjetischen Außenministers Leonid Abalkin von der sowjetischen Führung schlecht in Angriff genommen worden. Vor der Presse in Amsterdam sagte Abalkin, der am Montag zu einem anderthalbtägigen Privatbesuch in den Niederlanden eintraf, es seien bei der Verwirklichung der Wirtschaftsreformen enorme strategische sowie taktische Fehler begangen worden. Die wirtschaftlichen Entscheidungen seien „auf die Schnelle und ohne die Konsultation von Experten“ getroffen worden. „Niemand ist unfehlbar, aber wer hartnäckig an einem Irrtum festhält, ist nicht in der Lage, einen Staat zu regieren“, sagte Abalkin.

Der stellvertretende sowjetische Außenminister, dessen Aussagen ins Niederländische übersetzt wurden, fügte hinzu: „Wenn unser wirtschaftliches Reformprogramm bis zum Ende des Jahres keine Erfolge zeigt, wird unser Kredit ausgeschöpft sein, und andere Leute werden das Vertrauen der Bevölkerung erhalten.“

Abalkin erklärte weiter, es müßte mit Maßnahmen in der Landwirtschaft und Leichtindustrie begonnen werden, denn dort könnten schnell Ergebnisse erzielt und ein Markt geschaffen werden. Eine Steuerreform sei ebenso wie eine Reform des Plans zu spät in Angriff genommen worden, sagte Abalkin weiter.

Es habe zudem keine Veränderungen in der Struktur und der Führung der Unternehmen gegeben. Abalkin, der im Juli zu einem der zehn stellvertretenden Außenminister der Sowjetunion ernannt wurde, ist Vorsitzender der sowjetischen Regierungskommission für Wirtschaftsreformen.