: SPD feuert AL-Senatorin an
■ Senatsstreit über Flughafenausbau: Umwelt-Schreyer ist dagegen, Verkehrs-Wagner dafür / SPD-Abgeordnete fordern Schreyer auf: „Hart bleiben!“
Gegen den Ausbau des Flughafens Tegel formiert sich eine neuartige Koalition: Um den Sozi-Senator Wagner in die Knie zu zwingen, suchen Teile der SPD-Fraktion jetzt Zuflucht zur AL-Umweltsenatorin Schreyer. Sie soll sich gegen die Ausbaupläne der Berliner Flughafengesellschaft (BFG) einsetzen, wünscht sich der SPD-Abgeordnete Gardain. Er hoffe, so Gardain zur taz, daß Schreyer „hart bleibt“.
Über die Ausbaupläne soll am Dienstag im Senat und am Tag darauf im BFG-Aufsichtsrat entschieden werden. Während Verkehrssenator Wagner für einen Neubau auf dem Flughafen -Parkplatz P 2 plädiert, lehnt Schreyer diese Pläne bisher ab. Schreyers Staatssekretär Groth will in Tegel „keinerlei Erweiterung“ mehr zugestehen, seit die Kooperation mit dem Ostberliner Flughafen Schönefeld eine realistische Perspektive ist. Gleiches beschloß am Dienstag auch die AL -Fraktion. AL und Schreyer stimmen lediglich dem Bau neuer Büro- und Personalräume zu; neue Abfertigungskapazitäten halten sie für überflüssig.
Verkehrssenator Wagner will dagegen neuerdings - entgegen früheren Kompromißplänen - die BFG-Wünsche komplett erfüllen und sogar den Bau zusätzlicher Parkplätze in Tegel genehmigen. Diese Pläne, so Wagners Wunsch, sollten in der Sitzung am Mittwoch alle vier vom Senat entsandten BFG -Aufsichtsräte billigen, einschließlich Staatssekretär Groth.
In der SPD-Fraktionssitzung am Dienstag löste diese Absicht Proteste aus - ein Beschluß wurde jedoch erst mal vertagt. Zusammen mit seinen Fraktionskollegen Niklas und Thiemann hatte Gardain von den Senatsvertretern im BFG-Aufsichtsrat ein Votum gegen die P2-Überbauung gefordert. Würde der Senat sich einfach den Bauwünschen der Flughafengesellschaft fügen, so Gardains Befürchtung, wäre der „Druck“ auf die Luftfahrtlobby dahin, für den Einsatz leiserer Flugzeuge zu sorgen.
Als Beleg für Gardains Kalkül kann das Verhalten von BFG -Direktor Robert Grosch dienen. Nachdem der Flughafendirektor seit Monaten vergeblich auf die Baugenehmigung warten mußte, profiliert er sich neuerdings als Lärmschützer: In nicht allzuferner Zukunft - so Groschs Kompromißvorschlag, den in der Fraktionssitzung am Dienstag auch SPD-Fraktionschef Staffelt unterstützte - sollten nur noch Flüsterjets der strengen Lärmklasse 3 in Tegel starten und landen dürfen. Einen „Zeitrahmen“ müsse man demnächst „festnageln“, sagte Grosch der taz.
Im Gegenzug für diese Versprechen will der Flughafendirektor allerdings jetzt die Baugenehmigung für die P2-Überbauung haben. Für Gardain und Groth klingt das viel zu wolkig. Erst wenn auch die Fluggesellschaft PanAm ihre alten Knatterkisten abwrackt, will der Staatssekretär über irgendeine Flughafenerweiterung mit sich reden lassen. Die steigenden Passagierzahlen, auf die Wagner verweist, beeindrucken Groth vorerst nicht: „Dann muß man sich zu Spitzenzeiten eben etwas drängeln.“
Gardains Versuch, Schreyer im Kampf gegen SPD-Senatoren anzufeuern, stieß in der Umgebung der AL-Senatorin jedoch auf Kritik. Groths Rat an den von lärmgeplagten Flughafenanwohnern bedrängten SPD-Abgeordneten: Er möge sich „an seine Senatoren wenden“.
hmt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen