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Feigenblätter für Richling

■ ARD beabsichtigt, seine Satire-Sendung auch mit anderen Kabarettisten zu besetzen

Die Satire-Sendung Jetzt schlägt's Richling des gleichnamigen Kabarettisten soll nach dem Willen der ARD -Fernsehchefs abgesägt werden. Die Programmdirektoren beschlossen letzte Woche, die Sendung in Zukunft auch mit anderen Kabarettisten zu besetzen. Mathias Richling bezeichnete dies am Freitag als „Schönfärberei“. Der taz sagte er, daß er die Entscheidung der ARD nur als „Vorschlag“ begreifen könne, denn er habe „als gleichwertiger Vertragspartner“ mit dem Süddeutschen Rundfunk (SDR) eine Vereinbarung über ein Sendekonzept für ein Jahr inklusive eines Probevierteljahres geschlossen. Dies sei nun vorbei, und wenn die ARD ihn „rausschmeißen“ wolle, dann solle sie das auch tun und nicht „die Sendung verwässern“. Er werde am 29. Januar zusammen mit SDR -Fernsehdirektor Boelte und Unterhaltungschef Schmidt eine „Zwischenlösung vorschlagen, mit der beide Vertragspartner einverstanden sein müssen“.

Richlings wöchentlich ausgestrahlter Satirehappen (der eigentlich einen Sendeplatz nach der Tagesschau und nicht den Spättermin 23Uhr verdient hat) war bereits Ende November unter Beschuß der öffentlich-rechtlichen Tugendwächter geraten. Eine Ausgabe, die die Haltung des Papstes zu Aids und zum Kondom kritisierte, stieß CSU-Saubermann Edmund Stoiber übel auf, weil Richling in der Sendung gar ein Tütchen in den Mund nahm: „Beleidigung von Gläubigen.“ NDR -Fernsehchefin Ulrike Wolf (CDU) fand nicht die Präser, sondern die Präsentation „geschmacklos“, denn Richling nimmt das Zeitgeschehen stets von einer zerwühlten Bettstatt aus als eine Art Zappel-Deutschmichel in die Mangel.

Knallharte Sendungen zur Wiedervereinigung und zur polnischen Westgrenze taten ein übriges. Die Programmoberen beschlossen, daß der unliebsame Richling seine Sendung nach einer Gnadenfrist bis April vierteljährlich mit anderen BRD -Kabarettisten oder gar einem Ost-Satiriker teilen solle. Dies lehnt Richling empört ab, Idee und Konzept der Sendung stammten schließlich von ihm selbst, seien auf ihn zugeschnitten. „Ich mache ein Produkt, und das nehmen die oder die nehmen's eben nicht.“ Letztlich, so Richling, diene der Direktorenvorschlag dazu, „an der Sendung rumzumodeln“: „Das ist ein Rausschmiß mit Bonbonniere, aber die Pralinen sind und bleiben vergammelt.“

Laut Richling haben „die Kollegen, die in Frage kommen, weil sie sich nicht zensieren lassen“, bereits signalisiert, daß sie sich nicht als Anstandswauwaus für Richling hergeben. Bruno Jonas, Hanns Dieter Hüsch, Lore Lorentz und Hans Scheibner hätten dankend abgelehnt. Richling: „Und Dieter Hildebrandt hat mit seinem Scheibenwischer sicher genug zu tun.“ Auch das vorgeschlagene Ost-West-Konzept lehnt Richling, weil en vogue, als „besonders perfide“ ab. „Die zielen auf mein Mitleid. Ein DDR-Kabarettist ist ja schön und gut, und ich zahl‘ gern 100 Mark als Begrüßungsgeld - aber warum muß der bei Tausenden von Sendeminuten wöchentlich gerade in meinen fünf Minuten auftreten?“

kotte

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