: Jesuitenmord: „Entweder sie oder wir“
■ Exdirektor der Militärschule El Salvadors soll den Mord an sechs Jesuiten im November befohlen haben / Erste Aussagen der Täter / Ist Oberst Benavides der einzige Hintermann der Bluttat?
San Salvador (afp) - Der frühere Direktor der Militärschule El Salvadors, Oberst Guillermo Benavides, ist nach Aussagen seiner Komplizen der Hauptschuldige an dem Massaker im Jesuitenkonvent, das am 16.November letzten Jahres von Armeeangehörigen verübt wurde.
Wie die Justizbehörden in San Salvador am Samstag mitteilten, erklärten die acht Soldaten des Elitebataillons Atlacatl, die sich für die Bluttat verantworten müssen, in ihrer ersten gerichtlichen Vernehmung, Benavides habe die Erschießung der fünf Jesuitenpriester, ihrer Köchin und deren Tochter angeordnet. Ein Richter in San Salvador erließ am Wochenende vorläufigen Haftbefehl gegen die neun Militärs.
Nach Aussagen des an dem Massaker beteiligten Leutnants Jose Ricardo Espinoza begründete Benavides den Mordbefehl mit der Behauptung, die sechs Geistlichen seien „führende Terroristen“. Nachdem die Guerilla wenige Tage zuvor eine Großoffensive gegen die Hauptstadt entfesselt hatte, gelte die Parole: „Entweder sie oder wir“.
Der Gefreite Antonio Ramiro Avalos berichtete in seiner Aussage, in der Mordnacht hätten die Soldaten auf die Tür des Jesuitenkollegs eingehämmert. Nach etwa zehn Minuten sei ein Geistlicher im Schlafanzug erschienen und habe sie gebeten, mit dem Lärm aufzuhören.
Sie seien in das Gebäude eingedrungen und hätten den Priester mit in den Garten genommen. In diesem Augenblick seien fünf weitere Jesuiten aufgetaucht, berichtete der Gefreite. Da er zu dem Zeitpunkt zusammen mit einem anderen Soldaten allein gewesen sei, habe er den sechs Geistlichen befohlen, sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden zu legen, um sie besser bewachen zu können.
Wenig später sei Leutnant Espinoza gekommen und habe ihn gefragt: „Wann geht es endlich voran?“ Er habe diese Worte als Schießbefehl aufgefaßt und dem Soldaten, der die Jesuiten bewachte, gesagt: „Los, machen wir voran“. Daraufhin hätten sie die am Boden liegenden Priester erschossen.
Der Haftbefehl, den Untersuchungsrichter Ricardo Zamora nach der Vernehmung gegen die Soldaten erließ, ist auf höchstens vier Monate befristet. Dann muß die Staatsanwaltschaft ihre Anklageschrift fertig haben. Unterdessen wurden die Zweifel daran lauter, ob Oberst Benavides wirklich der einzige Hintermann der Bluttat ist. Der neue Rektor der Zentralamerikanischen Universität Francisco Estrada betonte, daß die Justiz auch die anderen Hintermänner in der Armeeführung zur Rechenschaft ziehen müsse, die es mit Sicherheit gebe.
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