Gefahr aus Rumänien

Thatcher will Rüstungshaushalt nicht senken  ■  Mit RÜSTUNGSPFUNDEN auf du und du

London (taz) - „Abrüstung“ ist für die britische Premierministerin Margaret Thatcher ein Schimpfwort. Am Wochenende verkündete sie, daß der Verteidigungshaushalt in diesem Jahr um keinen Penny gekürzt wird. Ein Berater Thatchers konkretisierte am Sonntag, daß die Veränderungen in Osteuropa zu unsicher seien, als daß Großbritannien Kürzungen im Rüstungshaushalt zur Zeit in Erwägung ziehen könnte. „Sie würde Gorbatschow gerne eine Freude machen. Sie möchte, daß er überlebt. Aber sofortige Kürzungen sind höchst unwahrscheinlich. Die europäische Frage ist keineswegs gelöst. In Rumänien könnte Chaos ausbrechen. Alles kann passieren.“

Die Opposition und verschiedene britische Zeitungen bezeichneten Thatcher gestern als „kalte Kriegerin“. Denis Healey, der frühere Labour-Finanzminister, forderte die Regierung auf, den Verteidigungshaushalt stark zusammenzustreichen und das Geld für Hilfsmaßnahmen in Osteuropa zur Verfügung zu stellen. Großbritannien gibt in diesem Jahr 20 Milliarden Pfund, etwa 55 Milliarden Mark, für die Rüstung aus. Das sind 4,3 Prozent des britischen Bruttosozialprodukts.

Das Finanzministerium will diesen Betrag in den nächsten drei Jahren um eine Milliarde Pfund pro Jahr erhöhen. Den Löwenanteil von 4,3 Milliarden Pfund verschlingt die britische Rheinarmee. Milliardenbeträge fließen auch in das Atomprogramm: Die Verträge für vier mit Trident -Atomsprengköpfen ausgerüstete U-Boote sind bereits unter Dach und Fach. Sehr kostspielig für die britischen SteuerzahlerInnen ist auch die Leidenschaft der Royal Air Force (RAF), Flugzeuge zu sammeln. Seit Jahren konnte die RAF die Thatcher-Regierung immer wieder davon überzeugen, wie vorteilhaft für die britische Wirtschaft die Anschaffung von Kampfflugzeugen ist. So verstauben über 200 Flugzeuge im Hangar, weil es nicht genügend Piloten gibt.

Eine Bedrohung für den britischen Rüstungshaushalt kommt von anderer Seite: USA und UdSSR wollen noch 1990 das Abkommen über die Reduzierung konventioneller Waffen in Europa (CFE) unterzeichnen, von dem auch Großbritannien betroffen wäre. Anschließend sollen die CFE-2-Verhandlungen über den Truppenabbau sowie über die Reduzierung der Atomwaffen (START 2) beginnen. Für Thatcher kommt das zu früh: Sie möchte mit den CFE-2-Verhandlungen erst beginnen, wenn die erste Phase abgeschlossen ist - in sieben bis zehn Jahren.

Ralf Sotscheck