: Wandel durch Handel
Sowjetrepublik Litauen eröffnete Vertretung in Hamburg ■ Mit dem BALTKOMMERZ auf du und du
Hamburg (taz) - Leise, aber beharrlich und konsequent schleicht sich die Sozialistische Sowjetrepublik Litauen aus dem Zwangsverband der Sowjetunion. Litauen, seit dem 1.Januar wirtschaftlich unabhängig, will dabei eine Schrittmacherrolle für die beiden anderen baltischen Staaten spielen.
Schon am 11.Dezember gründeten deshalb litauische Betriebe in der Hauptstadt Vilnius mit Unterstützung des Planungskomitees die „Litkommerz“. Sie soll, in Hamburg angesiedelt, als Handelsvertretung gezielt Kontakte zwischen westeuropäischen und litauischen Firmen vermitteln. Am Mittwoch wurde das Büro feierlich eröffnet.
Litkommerz-Chef Algis Klimaitis sah darin einen „großen Moment“ der litauischen Geschichte: „Die wirtschaftliche Unabhängigkeit ist ein grundlegender Schritt. Der Weg wird enden mit der politischen Unabhängigkeit.“ Das rohstoffarme Litauen, das über eine bedeutende Textilindustrie (ein Baumwollkombinat), Agrarwirtschaft (Holzverarbeitung), Maschinenbau und Elektrotechnik verfügt, will sich so aus der wirtschaftlichen Umklammerung der Sowjetunion lösen, die praktisch alle Rohstoffe liefert und den größten Teil der Fertigprodukte abnimmt.
Litauens Planungsvizechef Albinas Jovaranskas: „40 Prozent der Industrie Litauens gehören noch der Union. Wir wollen sie bis Ende des Jahres in eigene Regie nehmen.“ Alle Firmenzentralen sollen nach Litauen verlegt und von litauischem Management übernommen werden. Auch eigene Transportbetriebe, von der Reederei bis zur Luftfahrtsgesellschaft, sollen die Russen herausrücken.
Mit der Entscheidung für den Standort Hamburg soll an die alte Tradition der Hanse angeknüpft werden, als Hamburg und Lübeck Drehscheiben für Güter aus dem Ostseeraum waren. Heute sollen die litauischen Produkte, die es auf den Märkten der Industrieländer noch schwer haben dürften, über Hamburg gerade auch in die Länder der 3.Welt und Schwellenländer geliefert werden.
Litauen bietet seit dem 1.Januar günstige Bedingungen für westliches Kapital: Bei Joint-ventures sind ausländische Mehrheitsbeteiligungen möglich, Gewinntransfers in harten Devisen sollen erlaubt werden.
Das Hauptziel bleibt aber die politische Unabhängigkeit. Klimaitis: „Das Selbstbestimmungsrecht steht allen Balten zu.“ Aber, mit einem Hinweis auf den Bürgerkrieg in Aserbaidschan: „Die Entwicklung in den Baltischen Staaten verläuft anders. Wir wollen die Unabhängigkeit politisch kultiviert erreichen.“
Florian Marten
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