: Ferranti-Radar verkauft GEC wird zum Jäger 90
■ Rüstungs- als Industriepolitik: General Electric, Siemens und Daimler sahnen ab
Berlin (taz) - Kaum hatten sich Bundesverteidigungsminister Stoltenberg und sein britischer Amtskollege Tom King geeinigt, den „Jäger90“ mit dem vom britischen Rüstungskonzern Ferranti entwickelten Radar auszustatten (siehe taz von gestern), gab der Konzern den Verkauf seiner Radar-Sparte bekannt. Der spektakuläre Fang ging an den britischen Elektromulti General Electric (GEC), der der Ferranti-Gruppe den Kaufpreis von 870 Millionen DM überweisen wird.
Mit diesem Deal werden gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Erstens dürfte die Übernahme des Kernsektors von Ferranti durch GEC von der britischen Kartellbehörde nicht verboten werden, weil ansonsten die mühsame Einigung mit Bonn über die Radarlieferung gleich wieder gefährdet wäre. Zweitens kann Ferranti mit dem Verkaufserlös einen größeren Teil seiner infolge betrügerischer Machenschaften aufgelaufenen Schulden von etwa einer Milliarde DM ablösen. Weil die britische Regierung sich anscheinend verpflichtet hat, die durch Verzögerungen entstehend etwaigen Mehrkosten bei der Radarentwicklung zu übernehmen, darf sich zum dritten der Aufkäufer General Electric über ein risikoloses und profitträchtiges Geschäft freuen.
Immerhin ist bislang der Bau von 800 Exemplaren des Jäger90 geplant, wobei sich die Kosten der Radarausrüstungen auf etwa 4,5 Milliarden DM belaufen dürften - noch ohne die im Rüstungsgeschäft üblichen Preissteigerungen. Ein Drittel dieser Summe wird jetzt an GEC fließen. Dank dieser Übernahme wird General Electric (nicht verwandt mit dem gleichnamigen US-Konzern) zu einem der wettbewerbsstärksten Unternehmen des Weltmarktes für Radaranlagen aufsteigen, der mit Marktführern wie General Motors, der Daimler-Tochter AEG und der französischen Thomson-CSF mithalten kann.
Auswirkungen hat diese britische Rüstungstransaktion auch auf die BRD. Der ministerielle Radar-Kompromiß sieht vor, daß ein Drittel des Auftragsvolumens an Siemens fließen soll. Infolge der gemeinsamen Übernahme des Elektrounternehmens Plessey durch Siemens und General Electric profitieren jetzt beide Unternehmen auch noch gemeinsam vom Jäger90-Geschäft. Die Oligopolisierung des internationalen Rüstungsgeschäftes schreitet mithin munter voran. Selbst die im Wettbewerb um den Radarauftrag von Stoltenberg geopferte Daimler-Gruppe hat noch einen kleinen Trostprofit erhalten. Die Anpassung des Radars an die deutschen Jäger90-Varianten sollen vom Tochterunternehmen Telefunken vorgenommen werden.
Bleibt nur noch die Hoffnung auf die veränderte geopolitische Konstellation, um den verteidigungspolitisch sinnlosen Jäger zu kippen. Aber: Um Verteidigungspolitik geht es bei diesen Geschäften nicht.
Zausel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen