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Nicaragua: Wahlen um jeden Preis

Während sich die Sandinisten um einen makellosen Urnengang bemühen, versucht das Oppositionsbündnis „Uno“ mit ständigen Klagen den Boden für spätere Anfechtungen zu bereiten  ■  Aus Managua Ralf Leonhard

Einen Monat vor dem historischen Urnengang fürchtet die sandinistische Regierung, die Oppositionsallianz „Uno“ könnte sich aus dem Rennen zurückziehen, womit sie den Wahlboykott ihrer ebenfalls von den USA gesponsorten Vorgängerin „Coordinadora Democratica“ von 1984 wiederholen würde. Der Boykott hatte den USA als Vorwand gedient, den Wahlsieg der Sandinisten nicht anzuerkennen. Noch beteuert die Uno, daß sie nicht an Boykott denkt. Sie versucht jedoch, durch stete Klagen über die Wahlkampfbedingungen den Boden für spätere Anfechtungen zu bereiten.

Unter den Argusaugen von über 500 internationalen Wahlbeobachtern wird es selbst übelgesonnenen Kritikern schwerfallen, dem pluralistisch zusammengesetzten Obersten Wahlrat (CSE) beabsichtigte Unregelmäßigkeiten nachzuweisen. Irreguläre Bedingungen könnten jedoch durch die Ausbreitung des Kriegsklimas im Norden und Osten entstehen. Gewalttätige Übergriffe von Contras sind wieder alltäglich geworden. Letzten Sonntag versuchten Contratruppen sogar einen Anschlag auf Daniel Ortega. Sie zogen sich jedoch angesichts der Übermacht der Regierungssoldaten, die den Präsidenten begleiteten, zurück.

Der Oberste Wahlrat bemüht sich währenddessen, auch den kleinsten Makel, der die Sauberkeit dieser Wahlen trüben könnte, zu beseitigen. CSE-Präsident Mariano Fiallos hat deshalb sogar den Erziehungsminister gebeten, die Schulferien um drei Wochen zu verlängern. Kurz zuvor hatte das Ministerium zwar entschieden, den wegen der zahlreichen nicaraguanischen Feiertage häufig ausfallenden Unterricht zu retten, indem das Schuljahr verlängert und der Unterrichtsbeginn auf Anfang Februar vorverlegt würde. Mitten im Wahlkampf und nur unzureichend erklärt, schuf der Erlaß böses Blut. Für die Opposition war sofort klar: Die 16jährigen Jungwähler sollen noch kurz vor dem Urnengang manipuliert werden.

Als der Uno-Wahlkampfleiter Antonio Lacayo bei den ausländischen Wahlbeobachtern wegen einer angeblichen „Wirtschaftsblockade“ Alarm schlug, schoß die Regierung den Oppositionellen sogar 400.000 US-Dollar vor. Um einen ausländischen Scheck einzutauschen, braucht es in Lateinamerika Zeit, Wartezeiten von 14 Tagen gelten als sensationell kurz. Dennoch hat die CIA-nahe Stiftung National Endowment for Democracy, die die US-Spenden an die Uno kanalisiert, ihre Gelder als Schecks überwiesen.

Diese Schecks wurden von der Uno erst am 9.Januar bei der nicaraguanischen Zentralbank eingereicht. CSE-Präsident Fiallos gab bekannt, die Regierung habe in diesem Fall „eine politische Entscheidung getroffen, um die Auszahlung zu beschleunigen“. Dies betrifft jedoch nur die Wahlkampfgelder, die direkt an die Uno gehen. Für das noch nicht einmal legalisierte „Institut für Wahlförderung und -ausbildung“ (IPCE), das von Washington mit mehr als 1,5 Mio Dollar gesponsert wird, gilt der übliche, also langwierige Amtsweg. Allerdings muß von den IPCE-Geldern, im Unterschied zu den direkten Wahlspenden, nicht die Hälfte in den vom CSE verwalteten „Demokratiefonds“ gezahlt werden. Das IPCE soll dank einer raffinierten Computeranlage das Wahlergebnis parallel zur offiziellen Auszählung ermitteln. Mariano Fiallos: „Jeder mit einem Zugang zur Information hat das Recht, seine Rechnungen anzustellen, doch unser Ergebnis ist das einzig offizielle.“

Der Oberste Wahlrat hat bisher die Ausschüttung von 3,84 Mio. Dollar an Wahlspenden für die Uno autorisiert. Das ist fast zehnmal soviel, wie die FSLN von ausländischen Gönnern bekommen hat.

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