Neu im Kino: „Eine Frau mit 15“

■ Geschwätzigkeit der Jugend

Ein sehr junges Mädchen fährt mit ihrem Freund und seinem Vater in den Ferien nach Ibiza. Was fällt uns dazu ein? Genau! Ein gehemmter Lüstling voller Skrupel namens Willy geiert unentwegt um die verführerisch unschuldige Juliette herum, während sein Sohn Thomas den Weltschmerz neu entdeckt. Juliette redet sehr viel, und davon handelt der Film tatsächlich: was ein Mädchen mit 15 so alles zusammenplappern kann. Regisseur Jacques Doillon hält jedes Wort davon für bedeutend. Juliettes Ausführungen darüber, was sie mag und was sie nicht mag, werden wie philosophische Betrachtungen präsentiert; die Kernsätze muß das Publikum auch noch in Zwischentiteln nachlesen. Weil Doillon diese altkluge Geschwätzigkeit ohne Ironie präsentiert, wirkt vieles unfreiwillig komisch. Jede Szene kommt so bedeutungsschwanger daher, als müsse uns der Regisseur ununterbrochen beweisen, daß nichts Triviales in seinem Film ist.

Die Hauptdarstellerin Judith Godreche hat Doillon zu dem Drehuch inspiriert, ihre Persönlichkeit hat er, wie er selber sagt, „ausgesaugt“, und auf ihre Anregungen hin wurden die Dialoge umgeändert. Dabei ist er der vermeintlich reinen, schönen und idealistischen Jugend gehörig auf den Leim gekrochen. Viel besser ist Agnes Varda in ihrem ähnlichen Film „Meine Zeit mit Julien“ das Thema angegangen, indem sie den jungen Julien und die reife Frau, die ihn begehrt, mit Sympathie und kluger Distanz zeigt.

Doillon spielt selber den Willy, der seinem Sohn beweist, daß er sein Kumpel ist, weil er ihn von seiner Zigarette ziehen läßt. Juliette gegenüber ist er zugleich gehemmt und klebrig. Immer wieder lächelt er schüchtern, verkrampft, kann seinen tiefen, fragenden und begehrlichen Blick nicht von ihr wenden. Und genauso sieht auch der Regisseur Doillon auf seine Hauptdarstellerin. Jeder Pups von ihr wird gefeiert, dafür gibt es am Schluß etwas nackten Busen zu sehen. Doillon ist der „dirty old man“ hinter und vor der Kamera. Aber was findet er nur an solch einer Trine? Wilfried Hippe

Schauburg 21.00 Uhr