: z.B.: Der Kreuzberger Club Pike
„Zugeschüttet worden mit Mark der DDR sind wir bis jetzt nicht, obwohl unser Laden so nah am Grenzübergang Oberbaumbrücke liegt. Der erwartete Run von drüben hat hier nicht eingesetzt.“ Jutta Herrmann und Thomas Albrecht vom Club Pike in der Glogauer Straße ziehen Bilanz nach zwei Monaten Mauerdurchbruch und insgesamt einjährigem Bestehen ihres Clubs.
Im ersten halben Jahr lief der Laden gut, die Konzerte waren alle gut besucht. Als neuer Club konzentrierte sich das Pike auf Berliner Bands und die sorgten schon allein in ihrem eigenen Umkreis für genügend Werbung. Seit einigen Monaten leidet das veranstaltete Programm allerdings an schwindenden BesucherInnenzahlen, dies trotz Beteiligung des Pike an den Berlin Independent Days (BID) im Oktober des letzten Jahres. Die Show-cases der BID sollten den Club bei einem größeren Publikum bekannt machen. Trotzdem fanden die letzten Konzerte auch bei Bands, die schon einen Namen haben, vor teilweise nur 60 bis 70 Leuten statt. „Die Stimmung war zwar gut“, meint Macher Thomas, „aber gute Stimmung alleine hält den Club nicht am Laufen“.
Die relative Abgeschiedenheit in der Glogauer Straße hat zwar den Vorteil, daß das Pike, abgesehen vom benachbarten Cafe Osten, in SO 36 der einzige Veranstalter von regelmäßigen Konzerten in der Gegend ist. Der Nachteil liegt aber klar auf der Hand: „Ein paar Querstraßen weiter vorne in der Nähe der U-Bahn würde es wahrscheinlich besser laufen. Die Leute müssen halt ein Stück Weg auf sich nehmen, wenn sie zu uns wollen“, meint Jutta. Ganz klar verteilt sieht sie auch die Hierarchie zwischen den Clubs. Das Loft am Nollendorfplatz ist ihrer Meinung nach der Laden, in dem alle Bands am liebsten sofort spielen würden und auf dessen Programm die anderen VeranstalterInnen immer ein wenig schielen. Das Ecstasy in der Hauptstraße bringt viele amerikanische Bands, das K.O.B. in der Potsdamer Straße ist zwar klein, aber hat ein Stammpublikum. Bleiben das Blockshock und das Pike, die sich in Kreuzberg das Revier teilen. Mit der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Clubs ist es denn auch schlecht bestellt. „Ganz im Gegenteil: Da wird gekrallt und gerafft, wenn es darum geht, eine Band zu kriegen. Es kommt vor'daß wir eine Gruppe schon fast sicher im Programm haben, und dann spielt die plötzlich doch woanders“, erzählt Thomas. Für ihn ist in Berlin ganz klar eine gewisse Übersättigung des Publikums erreicht, die es kleinen Clubs schwer macht, sich über Wasser zu halten.
Im neuen Jahr will das Pike mit Schwerpunkt auf westdeutsche Bands weitermachen, Konzerte mit Berliner Gruppen sollen deshalb aber nicht entfallen. Eine bessere Anlage hoffen die VeranstalterInnen mit Unterstützung des Senats anschaffen zu können. Bleibt abzuwarten, ob sich das Publikum wieder verstärkt einfindet, denn reagieren tun die meisten erst, wenn wieder ein Konzertclub aufgibt, wie zuletzt im Fall Quartier Latin geschehen. Kerstin Top
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen