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Ökomarkt am Rande des Kommerzes

■ In Halle 15-zwo versuchen Umweltschützer, Tierfreunde und Entwicklungshelfer, kritisches Bewußtsein unters Volk zu bringen Im Angebot: Sandino-Dröhnung und Tombola / Attraktive Standflächen sind für die Alternativ-Gruppen zu teuer

Zum zweiten Mal gibt es auf der „Grünen Woche“ eine kritische Etage. In Halle 15-zwo, auf dem „Markt der Meinungen“ stellen rund 2O Gruppen und Initiativen sich und ihre Projekte zum Umweltschutz, zur Entwicklungshilfe, zur Arterhaltung, gegen Tierversuche und Waldsterben vor. In der zweiten Etage, im Durchgang zum ICC ist der Markt allerdings kaum zu finden. Nachdem an den ersten beiden Tagen ziemliche Besucherflaute herrschte, klebten die Marktler kurzerhand Pfeile auf den Boden, die nun den Weg vom Messerundgang zum Meinungsmarkt weisen. Nicht, das die Messegesellschaft die kritischen Alternativen bewußt an den Rand drängen wollte, nein, das schnöde Geld ist an allem Schuld: „Wir sind ein kommerzielles Unternehmen“, gibt AMK-Projektreferent Frohnmeyer ehrlich zu. „Die attraktiven Standflächen werden zu Höchstpreisen vermietet, die sich die Gruppen nicht leisten können.“ Da er deren kritische Distanz aber „als wichtigen Bestandteil der Grünen Woche“ schätzt, bekommen sie wenigstens Halle 15-zwo zum „Bruchteil des Quadratmeterpreises“. Eine trotz allem gute Zusammenarbeit mit der AMK wird an allen Ständen bestätigt. Daß der Ökomarkt insgesamt zur Alibiveranstaltung umfunktioniert wird, können sich die meisten schon vorstellen. „Aber besser hier Leute erreichen, als zu Hause bleiben“, meint Christoph Brenneisen vom Naturschutz Berlin. Somit kommt auch der konsum- und genußmittelsüchtige Normalbesucher zur 'Wiesenzeitung‘, dem kritischen Blatt zur Grünen Woche und wird mit Material über die Giftgrüne Woche im Ökodorf gefüttert. Am Eingang verteilt „Ökotopia“ päckchenweise Sandinodröhnung sowie Infos zur Kaffeepreispolitik.

Der größte Teil des Publikums kommt aus der DDR. Die füllen ihr Informationsdefizit vor allem mit Gratisbroschüren und in Gesprächen an den Ständen. Drei Westmarkt für eine Dose „umweltverträglich hergestellte“ Schuhcreme läßt der angespannte Devisenhaushalt nicht zu. Eine Tombola, in der wirklich jedes Los gewinnt (von einer Banane bis zum Motorradschutzhelm) entpuppt sich als der große Renner. Was mit den vielen gespendeten „Alu-Chips“ passieren wird, wird noch überlegt. „Wahrscheinlich an DDR-Gruppen geben“, meint ein Tierversuchsgegner. Natürlich würden die meisten den Markt gern mitten im Rundgang und damit im Publikum sehen. Damit würden sie selbst mehr Geld einnehmen und neue Interessenten ansprechen. Ob sich die aber nach Lachsbrötchen und Krabbencocktail noch mit geistigen Inhalten füttern lassen, darf beim Anblick der Masse bezweifelt werden. Die Greenpeaceleute, die sich dank gesunder Finanzlage einen Stand im Trubel der Halle 6 leisten können, sind dort eher mit Verkauf als mit Beratung beschäftigt. Damit im nächsten Jahr alle Gruppen dort stehen, schlägt ein Greenpeacer vor: „Als Miteigentümer der AMK könnte der rot-grüne Senat durch finanzielle Sonderkonditionen den Alternativen einen attraktiven Platz anbieten.“

Torsten Preuß

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