: Müll-Transit Bremen-DDR
■ Sondermüll-Endlager DDR schließt seine Grenzen / Bremer Farbmüll in Schönberg
Jahrelang haben die bundesrepublikanischen Kommunen mit ihrem giftigen Sondermüll den billigsten Weg gewählt: ab auf die Kippe in der DDR. Mit der Wende weg vom realen Sozialismus hat niemand gerechnet - eine „Müll-Krise“ steht bevor. „Im Augenblick ist bundesweit alles ein bißchen in Aufregung geraten“, sagt Adolf Pösel, Referent für Müll bei der Umweltsenatorin und Leiter des Amtes für Stadtreinigung. Die erste DDR-Deponie - Schöneiche - ist aufgrund der Proteste der Bevölkerung schon für den BRD-Müll geschlossen, die große Gift-Kippe Schönberg steht in Frage. Und so reservieren alle Bundesländer ihre Sondermüll-Kapazitäten für ihren eigenen prognistizierten Ersatz-Bedarf. Das Problem: Bremen hat keine eigenen Entsorgungs-Möglichkeiten, wird also
indirekt betroffen sein.
Die Bremer Behörden haben seit Jahren darauf geachtet, daß ihr Sondermüll nicht direkt nach Schönberg geht. Genehmigungen für die Sondermüll-Firma Plump allerdings, die in einem weiteren Umkreis „eingekauft“, wurden immer wieder erteilt.
Jetzt soll Bremer Altfarben-Müll in Schönberg entdeckt worden sein. Die Bremer Firma Märtens, die von der Stadtgemeinde dafür bezahlt wird, daß sie die „Entsorgung“ betreibt, hat die Farb-Reste nur weiterverkauft an die Firma Edelhoff in Bramsche. Edelhoff konnte bisher nicht auf die Frage antworten, wohin der Bremer Sondermüll gebracht wurde. In Bramsche war gestern ein hektisches Treiben von „Besprechungen“, weder dort noch in der Zentrale in Iserlohn war ein Verantwortlicher für eine Aus
kunft ans Telefon zu bekommen.
In einzelnen Müll-Bereichen bestanden schon ohne die Wende der DDR-Müll-Politik Probleme. Das städtische Sammellager für Batterien zum Beispiel ist zu einer Art Zwischenlager geworden, 15 Tonnen stehen da vollgefüllt. Pösel: „Wenn die Eingänge nicht mit den Ausgängen die Waage halten, haben wir eine gewisse Stauung.“ Seit Mai nimmt die hessische Deponie Herfa Neuroda keine Batterien aus Bremen mehr an.
Adolf Pösel rechnet damit, daß seine Behörde am kommenden Montag einen Bericht über die Irrwege des Bremer Farb-Mülls vorlegen kann. Am Dienstag beginnt dann eine Debatte der Bremer Bürgerschaft über die jahrelangen Versäumnisse der Bremer Müllpolitik - nicht die erste.
K.W.
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