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„Nicht ein Krümelchen...“

■ “...liegt gegen mich vor“, verteidigte sich gestern Volksbühnenchef Neuenfels

Erst sollte er gefeuert werden, jetzt tritt er von selbst zurück: Hans Neuenfels, Intendant der Freien Volksbühne, steht als solcher seinem Haus nicht mehr länger zur Verfügung. Zwischen ihm und Kultursenatorin Martiny, sei „die notwendige Vertrauensbasis zerstört“. Martiny will sich jedoch bei Senat und Abgeordnetenhaus dafür einsetzen, daß Neuenfels „künstlerischer Direktor“ bleibt, um das bereits durchgeplante Spielplanprogramm bis Mai 1991 noch betreuen zu können. Der neue, noch nicht gekürte, Betriebsdirektor, der die Volksbühne aus dem drohenden Konkurs herausführen muß, soll aus dem anwaltlichen oder steuerberatenden Berufsstand kommen. Die Alternative, so Neuenfels, wäre der Konkurs gewesen. Mit diesem Kompromiß kommt die Volksbühne um die sofortige Schließung herum, die Verträge des Ensembles können bis zu Ende geführt werden, die Premiere am Samstag findet statt, allerdings wurde eine von vier noch geplanten Inszenierungen gestrichen. Vergangene Woche waren Einzelheiten aus einem Prüfbericht bekannt geworden, nach denen die Freie Volksbühne trotz 13 Millionen Mark Subventionen bisher nicht in der Lage war, ihr Defizit von fast einer Million Mark im Haushaltsjahr 1988 abzubauen. Schlimmer noch wiegen die Vorwürfe gegen den stellvertretenden Intendanten Harry Reich-Ebner, der Privatreisen und Hotelaufenthalte über den Volksbühnenhaushalt abgerechnet haben soll. Neuenfels distanzierte sich gestern implizit von seinem Stellvertreter: „Bis jetzt liegt gegen meine Person kein Krümelchen vor“. Die Senatsverwaltung will ungeachtet der einvernehmlich getroffenen Regelungen den Vorwürfen „mit allem Nachdruck“ weiter nachgehen.

DoRoh

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