Trambahn für die Trabantenstadt

■ Fährt bald die Straßenbahn von Ost-Berlin ins Märkische Viertel? / Senatsplaner: Sie könnte die Verlängerung der U-Bahnlinie8 ersetzen

Mit einer Straßenbahnlinie will die Senatsverkehrsverwaltung den Bewohnern des Märkischen Viertels den Abschied vom U -Bahn-Traum versüßen. Die Verkehrsplaner von SPD-Senator Wagner denken daran, die Ostberliner Linie 22 von Rosenthal durchs „MV“ bis zum S-Bahnhof Wittenau-Nord zu verlängern. Damit erledige sich der umstrittene Plan vollends, die U -Bahnlinie 8 über den bisher vorgesehenen Endbahnhof Wittenau-Nord hinaus in die Trabantenstadt weiterzuführen.

Noch stellt sich Wagners SPD-Genosse, Bausenator Wolfgang Nagel, quer. In einem Brief an Wagner forderte er jetzt erneut, die U-8-Verlängerung in die Senatsvorlage aufzunehmen, in der Wagner seinen Terminplan für den Schnellbahnausbau der nächsten Jahre aufgelistet hat. Der U -8-Verlängerung gibt der Verkehrssenator hier für die nächsten zehn Jahre keine Chance. In diesem Jahrtausend stehen lediglich zwei Untergrundlinien auf der Prioritätenliste: Die U-Bahnstrecke von Steglitz nach Lankwitz und ein „Stummel“, der den S-Bahnhof Hermannstraße mit dem U-Bahnhof Leinestraße verbindet. Das knappe Geld soll im übrigen für den Ausbau der S-Bahn benutzt werden angesichts der offenen Grenzen ein dringendes Vorhaben, meinen Wagners Verkehrsplaner.

Sie können nicht nur mit einschlägigen Verkehrsprognosen argumentieren, wenn sie dem Märkischen Viertel eine U-Bahn verweigern wollen; hinter dieser Absage steht auch die BVG. „Am untersten Ende der Fahnenstange“ siedelte BVG -Verkehrsplaner Hartmut Schmidt kürzlich das U-Bahnprojekt an. Die gigantischen Kosten für U-Bahntunnel vor Augen, plädieren die Wagner-Planer nun für die Straßenbahn: „Die ist fünfzig Mal billiger.“ In West-Berlin wurde 1967 die letzte Trambahn außer Dienst gestellt. Heute bereuen es Verkehrsexperten bitter, daß dieses billige umweltfreundliche Verkehrsmittel dem ausufernden Platzbedarf des Autoverkehrs weichen mußte.

Eigentlich sollte über die Wagner-Pläne für S- und U-Bahn schon Ende letzten Jahres entschieden werden. Nagels hartnäckiger Widerstand gegen die Beerdigung des Ausbaus der U-Bahnlinie 8 hat dafür gesorgt, daß der Senat nun mit seinem Beschluß in Verzug gerät. Eine frohe Botschaft bleibt den Berlinern deshalb immer noch vorenthalten: Geht es nach dem Verkehrssenator, dann werden die S-Bahnzüge nämlich schon 1994 den ganzen S-Bahnring befahren können, von Gesundbrunnen im Wedding bis Köllnische Heide in Neukölln. Für den Nordring, der eigentlich erst 1995 wieder in Betrieb gehen sollte, wird der Eröffnungstermin um ein Jahr vorgezogen.

Die gute Nachricht kommt allerdings nicht ohne zwei schlechte Nachrichten: Nach hinten rutscht nämlich nicht nur die Strecke nach Spandau (die laut Koalitionsvereinbarung ebenfalls 1995 wieder in Dienst gestellt sollte), sondern auch die Linie nach Lichterfelde Süd (altes Planziel: 1993). Für beide will der Verkehrssenator keinen festen Eröffnungstermin mehr versprechen.

hmt