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Militärdoktrinen im Umbruch

Das Wiener KSZE-Seminar über Militärdoktrinen ging gestern zu Ende / Positive Gesamteinschätzung, aber Unterschiede im Detail - auch zwischen den Staaten des Westens  ■  Aus Wien Andreas Zumach

Generell positiv, aber mit deutlichen Akzentunterschieden in wesentlichen Details auch zwischen westlichen Staaten bewerteten Vertreter von Nato und Warschauer Pakt (WVO) gestern in Wien das nach drei Wochen beendete Seminar der 35 KSZE-Staaten über Militärdoktrinen.

Die Delegationsleiter der USA, der BRD und Polens, Maresca, Joetze und Konarski sowie der Beauftragte der Bonner Regierung für Abrüstung und Rüstungskontrolle, Holik, äußerten „große Zufriedenheit“ über den „sachlich geführten Dialog“. Joetze lobte „die große Offenheit besonders der WVO -Vertreter“. Sie hätten „teilweise sehr detaillierte Darstellungen zur laufenden oder geplanten Umstellung von Offensiv- auf Defensivstrukturen gegeben“. In den letzten Seminartagen, so der BRD-Botschafter, hätten die WVO-Staaten „und vor allem die UDSSR bislang im Westen nicht bekannte detailliert aufgeschlüsselte Daten über Struktur und Entwicklung ihres Militärhaushaltes genannt“.

Maresca bewertete diesen Teil des Seminars deutlich zurückhaltender und sah „wenig neue Erkenntnisse“. Der US -Botschafter betonte, nach wie vor sei die Strategie der „counter preparation“, die präventive Angriffe gegen westliches Territorium vorsieht, gültiger Teil der WVO -Strategie. Holik erklärte hingegen, die WVO-Vertreter hätten „in glaubwürdiger und überzeugender Weise dargelegt“, daß diese Strategie des „vernichtenden Gegenschlages“ nicht mehr gelte und militärische Maßnahmen ausschließlich auf WVO -Territorium begrenzt bleiben sollten. Jetzt müsse es darum gehen, auch die militärischen Fähigkeiten entsprechend defensiv auszurichten.

Konarski kritisierte, daß sich die Vertreter der Nato -Staaten „vor allem auf die Darstellung der gültigen Strategie der Flexiblen Verteidigung und der Vorneverteidigung beschränkt“ und „kaum über künftige Konzeptionen gesprochen“ hätten. Östliche Fragen zu „eindeutig offensiven Elementen der Nato-Strategie wie das FOFA-Konzept und die Entwicklung bei Waffen- und Einsatzplänen hin zu mehr Feuerkraft, „Deep-Strike„ -Fähigkeit und Mobilität“ seien „kaum und nur ausweichend beantwortet worden“, erklärte der polnische Botschafter. Die westlichen Vertreter hätten das „Vorhandensein offensiver Fähigkeiten“ zwar „eingeräumt“, aber stets auf die „ausschließlich defensiven Absichten hingewiesen“. Davon, so Konarski, müßten die WVO-Staaten aber „erst noch überzeugt werden“.

Mögliche weitere Gesprächsrunden sollten sich nach Ansicht von Holik und Joetze schwerpunktmäßig mit der Entwicklung und Definition von Kriterien für „auf strikt defensive Zwecke ausgerichtete“ Doktrinen beschäftigen. Ob und in welchem Rahmen Ost, West und neutrale Staaten künftig über dieses Thema weiterdiskutieren, wird jedoch erst nach einer Auswertung des Seminars in den Hauptstädten entschieden.

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