ÖPNV im Schneckentempo

■ Opposition kritisiert Ankündigungspolitik

Die Opposition in der Bürgerschaft ist in Sachen Verkehrskonzept bescheiden geworden. In der Bürgerschaftsdebatte begrüßten SprecherInnen aller Parteien, daß nach einem Jahrzehnt der Stagnation endlich wenigstens ein Konzept zum Ausbau des ÖPNV vorliege. Doch damit war es mit der Einigkeit schon vorbei. Alle Parteien, auch die SPD, sparten nicht mit Kritik an der schleppenden Umsetzung des Konzeptes.

So kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der SPD -Bürgerschaftsfraktion, Reinhard Barsuhn, „daß die positiven Beschlüsse des Parlamentes nicht sonderlich motivierend auf die Verwaltung gewirkt haben.“ Die SPD-Fraktion sei nicht bereit zu akzeptieren, daß Verzögerungen immer wieder mit langwierigen Abstimmungsverfahren entschuldigt würden. Das ÖPNV-Konzept charakterisierte Barsuhn als „nicht vollständig“. Es ist jedoch besser, unvollkommene Konzepte durchzuführen, als nach vollkommenen Konzepten zu suchen.“

„Keine Stadt in Deutschland hat den ÖPNV so vernachlässigt wie Bremen“, meinte CDU-Verkehrsmann Helmut Pflugradt. Das Programm des Senates ist für ihn vor allem ein Programm der „Straßenmalerei“. Pflugradt: „Mit dem Senatskonzept geht es im Schneckentempo los und zu einem erheblichen Teil in die falsche Richtung.“

FDP-Sprecher Welke bescheinigte dem Senat immerhin die Bereitschaft, Geld auszugeben. Allerdings: „Das kann nicht ausge

geben werden, weil die planerische Umsetzung fehlt. Der Vorrang für den ÖPNV ist für die FDP ein sehr relativer. Welke: „Bei allem Vorrang wollen wir, daß die Innenstadt mit dem Auto erreichbar bleibt.“

Für die Grüne Irmgard Jahnke ist das Senatskonzept ein Ergebnis des „konkreten Widerstandes“ der Verkehrsinitiativen. Die SPD-Politik sei immer noch Anhängsel von Wirtschaftspolitik. Auch sie sah in dem Programm vor allem ein „Farbstrich-Programm“ zur Schraffierung von Straßenbahngleisen. „Alles andere hat Ankündigungscharakter.“ Die für dieses Jahr bewilligten 11,5 Millionen Mark seien „lächerlich“. Ihre Forderung 28 Millionen für die kommenden Jahre. Angesichts einer „kleinmütigen, halbherzigen und dilletantsichen Politik“ sei eine parteiübergreifende gesellschaftliche Allianz nötig. „Das kann ich nur begrüßen“, kommentierte Bausenator Konrad Kunick die Drohung der Grünen.

Für Kunick hat der Fortschritt in der Verkehrspolitik die „Mühsamkeit der Schnecke“. Seine „Oberfrage“ an die Verkehrspolitik der Zukunft: „Wie leisten wir mit geringer Verkehrsfläche mehr.“ Und werbend an die „Kaufleute“: „Ist es nicht ein Gesichtspunkt, daß ein Laden in einer Fußgängerzone mehr Umsatz bringt, als an einer Durchgangsstraße. Kunick: Ich nehme Wetten an, daß die Bremer Innestadt im Jahr 2000 eine autofreie Innenstadt ist, und das ohne jeden Konflikt mit den Kaufleuten.“

hbk