Pornos mit Fließtext

■ Beidseitige WiederholungstäterInnen: Sputnik-Kino und Anti-Porno-Aktivisten begingen Jubiläum

Ein Jubiläum ist ein Jubiläum ist ein Jubiläum. Ein Porno ist ein Porno ist ein Porno. Beide leben von der Wiederholung. Am Montag gab's im Programmkino „Sputnik“ im Wedding beides. Wegen des zweiten Jahrestages eines Anti -Porno-Anschlages auf das „Sputnik“ hatte das Kino-Kollektiv die schon damals gezeigten Stummfilm-Pornos ins Programm genommen. Mit der Zwangsläufigkeit eines Pawlowschen Reflexes wurde dies von unbekannten Anti-Porno-Guerilla mit Sekundenkleber und Spraydosen quittiert.

Bereits vor zwei Jahren, zur Hochzeit der Anti-Porno -Kampagne war das Weddinger Kino, ebenso wie Sexshops und Video-Peepshows in der Innenstadt, angegriffen worden. Während der Vorführung von Zwanziger-Jahre-Pornos hatten mehrere Vermummte den Saal gestürmt, Farbeier gegen die Leinwand geworfen und Buttersäure verschüttet.

Im Unterschied zu damals waren die Pornos am Montag nicht nur mit Schifferklaviermusik, sondern auch mit einem porno -theoretischen Fließtext unterlegt worden. Dazu wurde ein Doku-Video über die Bundesprüfstelle gezeigt, die „sozialethisch desorientierende“ Filme durch Indizierung von Jugendlichen fernhält. Womit die Sputnik-Leute die Minimalforderungen nach einem kulturell-diskursiven Rahmenprogramm erfüllt sahen, die Pornos aber nicht spannender machten. Auch die zwischen die Koitusse geschnitten Familienferien-Super-Acht-Schnipsel überzeugten nicht. Der tiefere Sinn der Aufführung blieb unerschlossen, außerdem war es nur möglich, sich entweder auf die Pornographie oder auf den Fließtext zu konzentrieren, was nach Angaben der Sputniks auch so beabsichtigt war. Der Saal blieb weitgehend leer. Was ist schon ein Porno ohne Anti -Porno-Kampagne? Bei der Gegenseite, der man statt Buttersäurebenutzung eine Butterfahrt nach Flensburg zu Beate Uhse empfehlen sollte, fanden die stummvögelnden Weihnachtsmänner, Mönche und Krankenschwestern keine Gnade. Unbekannte verklebten bereits Sonntag nacht die Schlösser der Kinoeingänge und forderten am Montag Einlaß zur Halbzehn -Vorstellung des Kiez-Filmes „Wedding“, um dann zu mitternächtlicher Stunde das pornointeressierte Publikum zu empfangen. Der Eintritt wurde der Gruppe von acht Männern und drei Frauen jedoch verwehrt. Man habe sie als diejenigen erkannt, die bereits vor zwei Jahren zugeschlagen hätten, sagte Steffen Dohn vom Sputnik-Kollektiv. Daraufhin zogen die Anti-Porno-AktivistInnen ab, nicht ohne mehrere Schaukästen mit ihren Bierflaschen zu zertrümmern. Außerdem wurden Parolen wie „Frauen wehrt euch“ und „Schlagt die Sexisten, wo ihr sie trefft“ versprüht.

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