: Annäherung in der Flugzeugfrage
Nato will auf der „Open-sky„-Konferenz nächste Woche im kanadischen Ottawa einen neuen Vorschlag zur Reduzierung von Flugzeugen lancieren / USA in der Frage von Truppenreduzierungen nicht kompromißbereit / Einigung auf Höchstgrenzen bei der Artillerie angestrebt ■ Aus Wien Andreas Zumach
Nach Informationen westlicher Diplomaten bei den Wiener Verhandlungen über konventionelle Rüstung (VKSE) wollen die Nato-Staaten noch während der bis zum 22.Februar anberaumten fünften Runde auf den Warschauer Vertrag (WVO) eingehen und einen neuen Vorschlag für die Reduzierung von Flugzeugen machen. Am Rande der Begegnung mit ihren Amtskollegen aus den sieben Staaten des WVO im Rahmen der „0pen-sky„ -Konferenz nächste Woche im kanadischen Ottawa soll der Vorschlag von den 16 Nato-Außenministern politisch abgesegnet werden. Das könnte der Durchbruch bei dem mit Abstand kompliziertesten Wiener Verhandlungsgegenstand sein.
Eine Annäherung in der Flugzeugfrage scheiterte bislang an der vom Westen abgelehnten Forderung der UdSSR, einen Teil ihrer für Trainingszwecke bestimmten Militärflugzeuge von der in Wien verhandelten Kategorie „Kampfflugzeuge“ auszunehmen. Seit Juli 89 hatte die Nato auf Einbringung aller militärischen Flugzeuge bestanden und eine Zerstörung von 1.000 ihrer eigenen sowie die Reduzierung um 8.700 Flugzeugen der WVO auf eine Höchstgrenze von jeweils 5.700 vorgeschlagen.
Jetzt ist die Nato bereit, rund 2.000 unbewaffnete sowjetische Schulungsflugzeuge auszunehmen. Darüber hinaus will der Westen auf Moskaus Vorschlag eingehen, jeder Seite außerhalb der Höchstgrenze für Kampfflugzeuge die Beibehaltung von bis zu 1.000 ausschließlich für Verteidigungszwecke über dem eigenen Territorium bestimmten Flugzeugen zu erlauben. Erleichtert wurde die westliche Kompromißbereitschaft durch das Angebot Moskaus, Flugzeuge und ihre Ausrüstung vor Ort zu inspizieren. US -Chefunterhändler Woolsey erklärte, die USA seien nicht bereit, in der Frage von Truppenreduzierungen auf östliche Kompromißvorstellungen einzugehen. Nach diesen Vorstellungen sollten in einem ersten Wiener Abkommen zu Reduzierungen führende Höchstgrenzen für sowjetische und US-amerikanische Soldaten sowie lediglich den Status quo festschreibende Limits für die Truppen anderer Staaten vereinbart werden, verbunden mit einer Absichtserklärung, über deren Reduzierung bei den Verhandlungen für ein zweites Wiener Abkommen zu sprechen. Woolsey erklärte, Washington sei zu keiner Formel bereit, die über den im Juli 89 eingebrachten Nato-Vorschlag hinaus irgendwelche Truppen außer denen der beiden Großmächte berühre.
Von beiden Seiten angestrebt wird in der fünften Wiener Verhandlungsrunde seit März 89 die Einigung auf gemeinsame Definitionen bei Panzer- und Infanteriefahrzeugen sowie auf Höchstgrenzen bei der Artillerie. Die für die Ottawa-Tagung ins Auge gefaßte Festlegung auf einen genauen Termin für eine KSZE-Gipfelkonferenz im Herbst, in deren Rahmen ein erstes Wiener Abkommen unterzeichnet und Folgeverhandlungen vereinbart werden sollen, dürfte den politischen Druck für eine Einigung in diesen Detailfragen erhöhen.
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