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Grünes Licht für Ausländergesetz

Erste Beratung im Bundestag über das umstrittene Ausländergesetz / Kritik von Opposition, Kirchen und Gewerkschaften / FDP zeigt Koalitionsgehorsam / Ärger über Eilverfahren  ■  Aus Bonn Ferdos Forudastan

In emotionsgeladener, heftiger Debatte hat gestern das umstrittene Ausländergesetz in erster Lesung den Bundestag passiert. Die Koalitionsregierung hielt dabei unverändert an ihrem Gesetzentwurf fest. Trotz massiver öffentlicher Kritik, derzufolge die geplanten Bestimmungen viel zu eng sind, wird sie versuchen, das Gesetz im sogenannten Eilverfahren durch alle parlamentarischen Instanzen zu jagen.

Laut Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble erhöht der Entwurf die Chancen der Integration in der Bundesrepublik lebender Ausländer und begrenzt gleichzeitig die Zahl neu hierher ziehender. Seine Begründung: Es würden mit den Neuregelungen viele Rechtsansprüche klar festgelegt, die die rechtliche Situation der Ausländer verbesserten. Nach Schäubles Darstellung verfestigt der Entwurf den Aufenthaltsstatus der Betroffenen, gewährt Ehegatten und Kindern einen Anspruch darauf, hierher nachzuziehen, verankert die Wiederkehroption für Jugendliche. Die FDP vor einigen Monaten noch unzufrieden mit einigen Bestimmungen des Entwurfs - zeigte gestern Einigkeit mit der CDU/CSU. Der innenpolitische Sprecher der Liberalen, Burkhard Hirsch: „Wir halten den Entwurf für einen achtbaren Kompromiß und werden alles tun, um ihm Geltung zu verschaffen.“

Ganz anders beurteilte gestern die Opposition das Gesetzeswerk. Von SPD wie von Grünen wurde, unterschiedlich heftig, moniert, was auch etwa Kirchen und Wohlfahrtsverbände, DGB, „pro Asyl“, „amnesty international“, der Hohe Flüchtlingskommissar, Ausländerbeauftragte kritisieren: Der Entwurf sei eher ablehnend als integrierend, er verschlechtere die Situation hier lebender Ausländer. Ihre Beispiele: Der Aufenthaltsstatus verfestigt sich nur langsam und unter zahlreichen Bedingungen. Ehegatten können nur nachziehen, wenn „ausreichender Wohnraum“ vorhanden ist. Kinder dürfen ihren Eltern nur bis zum 16. Lebensjahr folgen. Die Wiederkehroption wird an teilweise kaum erfüllbare Auflagen geknüpft. Die geplanten Ausweisungsbestimmungen sind noch schärfer als die geltenden. Flüchtlinge werden es in Zukunft sehr viel schwerer haben, überhaupt ins Land zu gelangen. Der Status von De-facto-Flüchtlingen bleibt miserabel. „Kleinlich, illiberal, rigoros“ nannte der schleswig -holsteinische Innenmninister Bull den Entwurf. „Ausdruck und Motor einer rassistischen Haltung, die Menschen aufgrund ihrer Nationalität zum Risiko erklärt und abwehrt“, befand die Grüne Erika Trenz.

Von Regierungsparteien und Grünen kritisiert wurde gestern ein von den Sozialdemokraten eingebrachter Entwurf eines Ausländergesetzes. Er sei einseitig und praxisfremd, biete praktisch unentziehbare Möglichkeiten hierzubleiben, befand etwa Innenminister Schäuble. Die Grünen bemängelten heftig, daß die SPD damit den Aufenthalt nicht genügend absichern wolle, die Einbürgerungen kaum erleichterten, nur in seltenen Fällen die doppelte Staatsbürgerschaft gewähren wollten. Nur ganz kurz wurden in der gestrigen Bundestagsberatung die geplanten Änderungen des Asylverfahrensrechts und der Regierungsentwurf eines Gesetzes über das „Ausländerzentralregister“ beraten. Die Koalition will auch hier die geplanten Verschärfungen als Gesetz verabschieden.

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