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Von Grund auf neu bestimmen-betr.: "Modrows Kapitulation", taz vom 2.2.90

betr.: dito

In seine realistische und zugleich resignative Beurteilung der DDR-„Revolution“, die er „mit dem Einzug des schwarzen Riesen“ enden sieht, schiebt Jürgen Gottschlich einen erratischen Satz: „Ohne die 'konkrete Utopie‘, die Tagträume Ernst Blochs über ein besseres Leben ist die Entwicklung zu einer humanen solidarischen und auch zivilen Gesellschaft nicht denkbar.“

Was soll das nun? Denken dürfen, ja sollen wir immer noch, freilich bloß denken (erdenken, ausdenken, träumen), denn ans Realisieren sei ja eben nicht mehr zu denken? Wann wachen die Tagträumer und ihre Bewunderer endlich auf, um einmal die Erfahrung zu machen, was ist, wenn nicht mehr bloß, sondern sogar gedacht wird. Dann erst beginnt die Philosophie, die nicht die Resignation verklärt und potent Hoffende allein auf „humane“ Sackgassen geschichtlicher Entwicklungen ansetzt.

Realisationsversuche „linker“ („humaner“, „rationaler“) Utopien haben bislang ausnahmslos zu Polizeiterror geführt. Es ist an der Zeit, von Grund auf neu zu bestimmen, welche hoffenmachenden Geister realiter links von den vitalistisch Bedenkenlosen stehen, die um des eigenen Lust- und Machtgewinns willen die menschlichen Möglichkeiten dieser Erde aufs Spiel setzen. Mit dem vermeinten richtigen utopischen Bewußtsein ist es da wahrlich nicht mehr getan.

Rainer Marten, Freiburg

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