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Radikale Opposition-betr.: "saar-Grüne: Wiedervereinigung 'mitgestalten' ", taz vom 6.2.90

betr.: „Saar-Grüne: Wiedervereinigung 'mitgestalten'“,

taz vom 6.2.90

Im Gegensatz nur Position der Saarland-Grünen und des Beschlusses der grünen Bundestagsfraktion vom 6.2. erscheint mir die Forderung am Festhalten an der Forderung nach Zweistaatlichkeit von BRD und DDR äußerst positiv. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatten die Grünen im Zuge der Deutschlanddebatte wieder eine radikale Opposition bezogen, die sich gegen die Vereinnahmungsstrategien der Altparteien wendete. Insbesondere die Redebeiträge Antje Vollmers im Bundestag ließen hoffen, daß es den Grünen doch noch um mehr als nur Systemkosmetik geht.

Allerdings ist es eine wohl kaum mehr zu bestreitende Erkenntnis, daß die sogenannte „Wiedervereinigung“ kommen wird, wahrscheinlich in Form eines Anschlusses der DDR an die BRD, es ist allein noch eine Frage der Zeit. Die Grünen und andere Linke werden diesen Prozeß nicht aufhalten können - der Beschluß der Bonner Fraktion ist das Ergebnis dieser Tatsache. (...)

Von daher muß die Forderung nach Zweistaatlichkeit beibehalten werden, wenn auch der Diskussionsansatz ein anderer sein sollte, denn problematisch ist nicht die Vereinigung als solche, sondern die Folgen, die aus ihr erwachsen. Darüber muß diskutiert werden, wie die Saar -Grünen es fordern.

Es geht darum, welche Chancen eine ökologische und soziale Politik in einem vereinigten Deutschland hat, wie Linke und Grüne die ökonomischen und militärischen Bestrebungen konservativer PolitikerInnen und des Kapitals stoppen können. Die bereits wachsenden Strukturen zwischen Ökologie und Friedensgruppen aus beiden Staaten weisen hierzu den Weg.

Es geht auch darum, sich durch eine weitere Niederlage, die wir mit dem Tag der „Wiedervereinigung“ erleben, nicht entmutigen zu lassen. Allerdings muß die Diskussion um die Konsequenzen der „deutschen Einheit“ jetzt beginnen, damit wir nicht am „Tag X“ wieder einmal dastehen, um uns selbstmitleidig die eigene Konzeptionslosigkeit zu attestieren. (...)

Michael Frost, Stadtverordneter der Grünen in Bremerhaven

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